Mit einem Traktor wird bei Sonnenaufgang ein Feld in der Region Hannover mit Gülle gedüngt.

Nitratbelastetes Wasser EU-Verfahren gegen Deutschland eingestellt

Stand: 01.06.2023 14:31 Uhr

Jahrelang stritten die EU-Kommission und Berlin über die Nitratbelastung im Grundwasser. Nun hat die Behörde das Verfahren gegen Deutschland eingestellt. Im Fall einer Verurteilung hätte eine hohe Geldstrafe gedroht.

Deutschland und die EU-Kommission haben ihren Streit über nitratbelastetes Wasser beigelegt. Wie eine Sprecherin der EU-Kommission der Nachrichtenagentur dpa bestätigte, stellte die Behörde ein entsprechendes Verfahren gegen die Bundesrepublik ein. Zuvor waren in Berlin am Mittwoch neue Düngeregeln auf den Weg gebracht worden.

Im Fall einer Verurteilung hätte Deutschland laut Bundeslandwirtschaftsministerium eine Strafe in Höhe von mindestens elf Millionen Euro und ein Zwangsgeld von bis zu rund 800.000 Euro täglich gedroht - wobei das Zwangsgeld demnach rückwirkend ab einem ersten Urteil im Jahr 2018 hätte verhängt werden können. Bereits damals hatte der Europäische Gerichtshof Deutschland wegen Verletzung von EU-Recht verurteilt, weil die Regierung über Jahre hinweg zu wenig gegen Nitrate im Grundwasser unternommen hatte.

Schon 2020 strengere Düngeregeln

Nitrate stammen meist aus Düngern in der Landwirtschaft. Ein Übermaß schadet der Umwelt und birgt Gesundheitsrisiken für Menschen. Nitrat ist wichtig für das Pflanzenwachstum - doch wenn zu viel gedüngt wird, sammeln sich Rückstände im Grundwasser sowie in Bächen, Flüssen und im Meer an. Aus Nitrat entsteht durch chemische Prozesse Nitrit, das für Menschen schädlich sein kann. Bei der Trinkwasseraufbereitung muss Nitrat teils umständlich aus dem Grundwasser herausgefiltert werden, um die Grenzwerte einzuhalten.

Bereits 2020 waren nach zähen Verhandlungen strengere Düngeregeln in Kraft getreten. Die EU-Kommission kritisierte diese aber Mitte 2021. Auch die 2020 in Kraft getretene Düngeverordnung komme möglicherweise dem EuGH-Urteil nicht nach, schrieb EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius an die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Ex-Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU). Der EU-Kommissar bemängelte unter anderem, dass Gebiete mit hoher Nitratbelastung im Grundwasser und schädlicher Nährstoffanreicherung in Deutschland nicht korrekt ausgewiesen gewesen seien.

Özdemir spricht von "Etappenziel"

Die Bundesregierung begrüßte das Ende des Verfahrens. "Dass wir die hohen Strafzahlungen abwenden konnten, ist ein großer Erfolg, zu dem viele beigetragen haben", sagte Agrarminister Cem Özdemir (Grüne). Nach Jahren der Unsicherheit für Landwirte würden die Düngeregeln nun zukunftsfest gemacht, was auch Anerkennung in Brüssel finde. Es sei "ein Etappenziel", das die EU-Kommission gesteckt habe, und nicht das Ende. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sprach von einem sehr langen Weg mit schwierigen Verhandlungen.

Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) bezeichnete die Einstellung des Verfahrens als Etappenziel. VKU-Vizepräsident Karsten Specht betonte: "Nur mit einer signifikanten Reduktion der Nitrateinträge kann es gelingen, unsere Trinkwasserressourcen auch langfristig zu schützen." Bund und Länder müssten alle versprochenen Maßnahmen rasch und umfassend umsetzen. Der VKU vertritt mehr als 1500 kommunalwirtschaftliche Unternehmen unter anderem aus dem Bereich der Wasserversorgung.

Holger Beckmann, ARD Brüssel, tagesschau, 01.06.2023 15:21 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Juni 2023 um 14:00 Uhr in den Nachrichten.