Plattform für Arbeitsmigranten EU startet "Tinder für Talente"
Arbeitskräftemangel und fehlende Fachkräfte - damit ist inzwischen die gesamte EU konfrontiert. Und der Mangel verschärft sich. Die EU-Kommission startet deshalb eine Stellen-Plattform für Talente von außerhalb.
Einige in Brüssel sprechen bereits vom "Tinder für Talente“. Und am Dating-App-Vergleich ist durchaus was dran. Es geht los mit der Funktionsweise. EU-Vize-Kommissionspräsident Margaritis Schinas sagt: "Das ist die Logik des Systems. Es gibt offene Stellen und es gibt Angebote. Sobald die Übereinstimmung zustande kommt, teilt das System es den Betroffenen mit."
Und es gilt, ergänzt Innenkommissarin Ylva Johansson, alle Angebote hätte man theoretisch auch offline beziehungsweise woanders finden können. Die Plattform könnte den Suchprozess aber erleichtern und abkürzen: "Wir ändern nichts, wenn es um die Rechtsgrundlage für Arbeitsmigration geht. Letztes Jahr kamen 1,2 Millionen Arbeitsmigranten aus Drittländern in die EU. Daran wird sich mit dem Talentpool nichts ändern. Nur das Matching wird einfacher sein."
Quote der offenen Stellen steigt
Das ist nötig. Denn zunehmend schwerwiegender wird der Arbeitskräftemangel in Europa, auf beinahe allen Qualifikationsniveaus. Die Arbeitslosenquote ist mit 6 Prozent zuletzt vergleichsweise niedrig geblieben. Die Quote der offenen Stellen jedoch ist im vergangenen Jahr auf knapp 3 Prozent gestiegen - mehr als doppelt so hoch wie noch vor zehn Jahren.
Europaweit besonders schlimm ist es zum Beispiel auf dem Bau, im Gesundheitswesen - gerade in der Pflege - sowie in der Informations- und Kommunikationstechnik. Vor allem in solchen Mangelberufen - insgesamt hat die EU-Kommission 42 auf der Liste - soll der EU-Talentpool so viele passende Arbeitssuchende aus Nicht-EU-Ländern wie möglich vermitteln.
Kommissare: Sorgen vor Missbrauch überzogen
Alles weitere, etwa die Entscheidung über eine Aufenthalts- beziehungsweise Arbeitserlaubnis, liege in den einzelnen Ländern. Sorge, dass die Plattform, weil sie so schön niedrigschwellig ist, leicht ausgenutzt werden könnte, hat Vize-Kommissionspräsident Schinas nicht: "Wir sprechen über ein rechtlich geordnetes, autorisiertes System. Die Leute kommen nicht, um um Jobs zu buhlen. Sondern es werden Leute kommen, die Papiere mitbringen, nachdem sie eine konkrete Stelle in einem Mitgliedsstaat haben. Und bei jemanden, der von der Elfenbeinküste kommt, um in einem französischen Krankenhaus zu arbeiten - da glaube ich nicht, dass er anfängt rumzureisen, weil er die Sicherheit über seinen Status und die Papiere verlieren würde."
Vielmehr sind die beiden EU-Kommissare überzeugt, dass auch durch diese Initiative die illegale Migration gebremst werden kann. Vielen Menschen werde gezeigt, dass sich der gefährliche Weg etwa über das Mittelmeer nicht lohne.
Informationsangebot für Talente und Arbeitgeber
Und es müsse darum gehen, die EU endlich attraktiver für Talente von außerhalb zu machen. Die Plattform solle daher auch über Visa-Regelungen, Arbeitserlaubnisse und Weiterbildungsmöglichkeiten informieren. Die Seite der Arbeitgeber wiederum bekomme mehr Informationen über die genauen Kompetenzen und Qualifikationen hinter so manchem Abschluss aus Drittländern.
Innenkommissarin Johansson sagt: "Wenn wir all dies ermöglichen können, wird die EU attraktiver, auch wenn wir keine Nation sind. Aber so können wir auch eine Verbindung herstellen zwischen den verschiedenen Mitgliedsstaaten, um uns alle auf der globalen Bühne für Talente ein wenig attraktiver zu machen."
Noch aber stehen die Verhandlungen von Europaparlament und EU-Staaten vor dem Start einer solchen Talente-Plattform. Und auch dann wird gelten - wie bei Tinder: Die Teilnahme ist freiwillig. Und die Mitgliedsstaaten können sie an ihre Bedürfnisse anpassen.