Europaparlament in Straßburg Fahrverbote sollen EU-weit gelten
In der EU gelten Fahrverbote bislang nur in dem Land, das sie verhängt hat. Das Europaparlament möchte sie künftig EU-weit durchsetzen. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte für einen entsprechenden Vorschlag.
Wenn einem Deutschen etwa in Italien verboten wird, Auto zu fahren, darf er sich momentan in Deutschland trotzdem hinters Steuer setzen. Das soll sich ändern: Künftig sollen Fahrverbote EU-weit gelten, teilte das Europaparlament in Straßburg mit. Demnach kann eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 Kilometern pro Stunde zum Entzug der Fahrerlaubnis führen. Die Abgeordneten wollen auch, dass der Führerschein weg sein kann, wenn man in Wohngebieten bereits 30 km/h zu schnell unterwegs ist.
Die Abgeordneten stimmten außerdem dafür, dass Fahren ohne gültigen Führerschein in die Liste der schwerwiegenden Verkehrsverstöße aufgenommen wird - so wie Alkohol am Steuer oder tödliche Verkehrsunfälle. Dadurch werden Informationen zum Entzug des Führerscheins automatisch mit dem EU-Staat geteilt, der den Führerschein ausgestellt hat.
Wenn ein EU-Staat ein Fahrverbot ausgesprochen hat, soll spätestens nach 25 Tagen geklärt sein, ob das Verbot EU-weit gilt oder nicht. Eine einheitliche Regelung soll zur Verkehrssicherheit beitragen.
Verhandlungen mit den EU-Staaten
Bevor neue Regeln in Kraft treten können, muss allerdings noch ein Kompromiss mit den EU-Staaten ausgehandelt werden. Die Mitgliedsstaaten haben aber noch keine Position zu dem Vorhaben gefunden. Die Verhandlungen werden erst starten, nachdem im Sommer ein neues Parlament gewählt wurde. Nach einer solchen Einigung auf eine Richtlinie haben die Mitgliedsstaaten in der Regel rund zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.
Das Vorhaben wurde fraktionsübergreifend begrüßt. Der SPD-Europaabgeordnete Thomas Rudner betonte, dass gefährliches Parken, gefährliches Überholen, Überfahren einer durchgezogenen Linie und Fahrerflucht ebenfalls erfasst werden und zum Fahrverbot führen sollten. Er verweist zudem auf Zahlen der EU-Kommission, wonach rund 40 Prozent der grenzüberschreitenden Verkehrsverstöße ungeahndet blieben.
Zahl der Verkehrstoten senken
Ziel sei es, die Zahl der Verkehrstoten zu senken. EU-Parlamentsvizepräsident Jan-Christoph Oetjen sagte: "Wer in einem Land einen schweren Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung begeht, hat sein Recht auf Fahren in der EU verwirkt." Wichtig sei, dass Verstöße einheitlich und klar definiert seien, so der FDP-Politiker.
Unterschiedliche Ansichten gibt es bei den Details. Zwar hält der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber das Vorhaben für richtig, denn es sei nicht vermittelbar, dass der Entzug eines Führerscheins in der EU nicht grenzüberschreitend funktioniere. Er plädierte aber auch dafür, dass neue Regeln nur für schwere Verkehrsverstöße, die Leben gefährdeten, gelten sollten und es kein EU-weites Punktesystem nach dem Vorbild Deutschlands geben solle.
Ein solches System wünscht sich hingegen etwa die deutsche Grünen-Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg. Alle Mitgliedstaaten sollten sich dazu verpflichten, teilte sie mit. Auch sie befürwortet den EU-weiten Führerscheinentzug.
Unterschiedliche Regeln in den EU-Ländern
Zum Teil sind die Regeln in den EU-Ländern unterschiedlich. In Deutschland muss man nach Angaben des ADAC bereits mit einem Monat Fahrverbot rechnen, wenn man innerorts mehr als 30 km/h zu schnell unterwegs ist. Auch wegen eines Verstoßes gegen die 0,5-Promille-Grenze oder des Konsums illegaler Drogen kann der Führerschein weg sein.
In Italien muss man laut ADAC seinen Führerschein sofort abgeben und darf nur noch bis zum Urlaubsziel und nach Hause fahren, wenn man mehr als 41 km/h zu schnell fährt.
Nach Angaben der österreichischen Regierung liegt die dortige Grenze für ein Fahrverbot, wenn man mehr als 40 km/h innerorts oder 50 km/h außerorts zu schnell gefahren ist. Gleiches kann beim Geisterfahren auf der Autobahn, Fahrerflucht oder zu geringem Sicherheitsabstand passieren. Bei Alkohol ist ab 0,8 Promille am Steuer mit einem Fahrverbot zu rechnen.