Kodex überarbeitet EU verschärft Kampf gegen Desinformation
Die EU-Kommission hat ihre 2018 auf freiwilliger Basis eingeführten Regeln gegen Desinformation ausgeweitet. Zu den Unterzeichnern gehören Google, Twitter, You Tube, TikTok und die Facebook-Mutter Meta.
Es ist eine freundlich formulierte Kampfansage von Vera Jourova. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission gibt sich überzeugt, dass die Technologieunternehmen sich auch zu den strengeren Vorschriften gegen die Verbreitung von Desinformation verpflichten werden. "Bots oder Fake Accounts, die sich im Netz ausbreiten, sind nur die Spitze des Eisbergs", sagt sie. "Aber der neue Kodex zeigt, dass Europa seine Lektion gelernt hat und wir nicht länger naiv sind. Wir werden die Internetunternehmen in die Pflicht nehmen, die nicht kooperieren."
Vize-Kommissionschefin Jourova will die Plattformen verstärkt in die Pflicht nehmen.
Sie habe mit Verantwortlichen aus Regierung und Zivilgesellschaft in vielen kleinen EU-Staaten gesprochen, sagt Jourova. "Alle erzählten mir, dass die großen Plattformen nicht genug tun, um mit den Behörden und Experten vor Ort zu kooperieren. Und das ist etwas, was wir ändern müssen."
Kampf gegen Hass, Hetze und andere illegale Inhalte
"Deshalb wird der verschärfte Kodex mit dem im April ausgearbeiteten Digital Services Act (DAS), dem Gesetz über digitale Dienste, verknüpft. Dieses soll die Internetunternehmen dazu zwingen, stärker gegen Hass, Hetze und andere illegale Inhalte im Internet vorzugehen. Damit werden wir die Plattformen mehr in die Pflicht nehmen können", verspricht der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton.
EU-Kommissar Breton kündigt höhere Strafen bei Verstößen an.
"Viele Plattformen verdienen mit Desinformationen ganz bewusst Geld. Und das ist völlig inakzeptabel", erklärt Breton. "Wir haben immer wieder gesagt, dass wir das nicht hinnehmen werden. Und deshalb wird der Kodex mit dem Digital Services Act verknüpft, womit den Internet-Konzernen bei Verstößen sehr hohe Geldstrafen drohen. Wir zwingen damit die Unternehmen, transparenter zu werden und ihre Algorithmen offenzulegen." Das sei ein wichtiger Moment im Kampf gegen Desinformation.
Transparenz soll verbessert werden
Die Internetnutzer sollen Fälschungen und Täuschungen künftig leichter erkennen können. Auch politische Werbung muss transparent gemacht werden. Gegen so genannte Deep Fakes, sehr realitätsnahe Fälschungen, müssen die Plattformen konsequenter vorgehen. Und Computerprogramme, die weitgehend automatisch in den sozialen Netzwerken Meinungen verbreiten, so genannte Bots, bei denen der Nutzer gar nicht merkt, dass eine Künstliche Intelligenz dahintersteckt, sollen erfasst werden.
Keine Meinungsfreiheit für Maschinen
Denn Meinungsfreiheit gelte für Menschen, nicht für Maschinen, sagt Judith Gerlach, Bayerns Digitalministerin, beim Arbeitsbesuch in Brüssel. Sie glaubt, dass die Plattformen auch in jedem Land eine Ansprechstelle haben sollten: "Uns helfen die besten Gesetze, die besten Richtlinien nicht, wenn wir nicht in der Lage sind, den Vollzug dann auch zu machen. Wenn wir nicht in der Lage sind, greifbare Partner bei den Plattformen zu bekommen, um dann letztendlich auch Hass und Hetze nachvollziehen zu können."
Dazu brauche es Ansprechpartner, die sich letztendlich auch darum kümmern, dass das im jeweiligen Land gut abgewickelt werde, meint Gerlach. "Ich bin der Meinung, dass die Kapazitäten bei den Plattformen da sind. Die verdienen auch ordentlich Geld."
Wie viele andere europäische Digitalexperten begrüßt auch die bayerische Ministerin die geplante Verschärfung des EU-Verhaltenskodex gegen Desinformation. Kritik gibt es allerdings an den vorgegebenen Löschvorschriften, die - ausgenommen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen - wenig streng gehandhabt werden.