Kampf gegen Kokaintransport EU gründet Hafenallianz gegen Drogenkartelle
Der Druck der Kokain-Kartelle wächst. Besonders spürbar ist das in den großen Häfen wie Antwerpen, Rotterdam und Hamburg. Eine neue EU-Hafenallianz soll dem etwas entgegensetzen.
Kräne, Container, Frachtschiffe, Lagerhallen, soweit das Auge reicht: Die imposante Kulisse der zweitgrößten europäischen Hafens Antwerpen setzte den Rahmen. Das Areal ist so groß wie 20.000 Fußballfelder. Und das zeige die Größe der Aufgabe, so EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. "Antwerpen ist ein so riesiger Hafen, mit so vielen Akteuren, so vielen Unternehmen. Es ist elementar, dass sie nun erstmals alle für unsere Sicherheit zusammenarbeiten."
Nirgends in Europa wurde im vergangenen Jahr mehr Kokain aufgespürt als in Antwerpen, knapp 120 Tonnen. Ein Rekordwert – und dennoch wohl nur ein Bruchteil des tatsächlich über den Hafen eingeschleusten Kokains. Rund 70 Prozent der beschlagnahmten Drogen werden auf dem Seeweg in die Europäische Union geschmuggelt.
Auch Rotterdam und Hamburg stehen im Fokus der Drogenkartelle. Und diese sind flexibel, das macht es zu einem gesamt-europäischen Problem - so Johansson: "Wenn wir die Sicherheitsmaßnahmen in einem Hafen erhöhen, wissen wir inzwischen, dass sie sich innerhalb von Wochen auf andere Häfen verlagern. Deshalb hilft nur noch der gemeinschaftliche Ansatz, um Drogenbanden zu bekämpfen."
Gewalt dürfe nicht nach Deutschland schwappen
Die neue EU-Hafenallianz bringt daher alle zusammen: EU-Sicherheitsbehörden, Hafenbetreiber und - ganz wichtig - den privaten Sektor, Schifffahrtsverbände etwa. Denn inzwischen ist klar: Für weiterhin gute Hafengeschäfte muss künftig dringend mehr für die Sicherheit getan werden. Bedrohungen, Schusswechsel, Explosionen sind in Antwerpen inzwischen keine Seltenheit mehr.
Und der wachsende Druck der Drogenkartelle ist aktuell auch in Deutschland spürbar, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Auch sie treibt die neue Hafenallianz beim Treffen ihrer europäischen Ressortkollegen voran, um eine Spirale der Gewalt zu beenden. "Ermittler in den Niederlanden und Belgien haben sogar Folterkammern entdeckt. Oder wir haben dort erleben müssen, dass Journalisten und Staatsanwälte bedroht oder sogar ermordet wurden. Und das mitten in Europa." Faeser will nach eigenen Angaben unbedingt verhindern, dass die Gewalt nach Deutschland schwappt.
Gut 35 Tonnen Kokain wurden laut EU-Kommission in den deutschen Häfen wie Hamburg und Bremerhaven sichergestellt. In Hamburg hatten die Drogenbanden sogar versucht, Hafenarbeiter anzuwerben und für illegale Deals einzuspannen. Die deutsche Innenministerin forderte daher hohen Ermittlungsdruck. "Daneben geht es natürlich auch um gute Prävention. Wichtig ist vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Häfen widerstandsfähiger damit resilienter gegen Korruption zu machen", so Faeser.
Größte Bedrohung für die innere Sicherheit
Und es geht darum, auf die große Gefahr für Demokratie und Wirtschaft aufmerksam zu machen, die durch Bestechung und Geldwäsche entsteht. Laut Europol ist der Drogenhandel inzwischen die größte Bedrohung für die innere Sicherheit Europas - auf einer Stufe mit Terrorismus. EU-Innenkommissarin Johansson setzt auf die neue, verbesserte Zusammenarbeit. "Ich hoffe, dass wir so bald weniger Kokain auf unseren Straßen sehen - weniger Morde. Und dass die organisierten kriminellen Gruppen nicht so sehr in die legale Wirtschaft verwickelt sind, dass sie die gesamte Gesellschaft infiltrieren."
"Noch" - so drastisch drückt es die Innenministerin Belgiens Annelies Verlinden aus, die aufgrund der Ratspräsidentschaft ihres Landes die Agenda bestimmt. "Noch", sagt sie, "lebe sie nicht in einem Drogen-Staat". Damit das so bleibt, brauche es nun aber Gegenwehr.