EU-Parlament zu Überschwemmungen "Die Tragödie ist keine Anomalie, das wird zur Norm"
Die Überschwemmungen in mehreren Ländern beschäftigen auch das EU-Parlament. Es geht um schnelle Hilfe, aber auch um Ursachenbekämpfung. Denn Extremwetterereignisse werden nach Einschätzung mancher Politiker gerade zur Norm.
In Mittel- und Osteuropa haben nach den Überschwemmungen die Aufräumarbeiten begonnen - die Pegelstände mancher Flüsse steigen weiter. In Straßburg appellieren EU-Abgeordnete, den Betroffenen schnell zu helfen und darüber die eigentlichen Ursachen der Katastrophe nicht zu vergessen.
Der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, betont: "Diese extremen Wetterereignisse, die früher nur einmal im Leben auftraten, geschehen jetzt fast jährlich. Die Realität des Klimawandels ist in den Alltag der Europäer eingezogen. Diese Tragödie ist keine Anomalie, das wird künftig zur Norm", sagt der Kommissar. Umso wichtiger sei es, sich auf Krisen vorzubereiten und bei ihrem Eintreffen schnell zu reagieren.
Überschwemmungen hier, Brände da
Von den Folgen der Überschwemmungen in Zentral- und Osteuropa sind laut Lenarcic fast zwei Millionen Menschen betroffen, während in Portugal Tausende Hektar Wald brennen. Nach Darstellung des Kommissars wird die EU der Herausforderung gerecht. Ab dem 9. September habe Brüssel die Lage genau beobachtet und aus dem Notfall-Koordinationszentrum regelmäßig Updates an betroffene Mitgliedsstaaten geschickt.
So wurden mit Hilfe des satellitengestützten Überwachungssystems Copernicus über 100 Frühwarnungen an die dortigen Behörden ausgegeben. Im Rahmen des EU-Zivilschutzmechanismus wurden Personal und Ausrüstung angeboten. Bisher kam eine Anforderung aus Tschechien. Später können Mitgliedsstaaten nach Lenarcics Worten Geld aus dem EU-Solidaritätsfonds bekommen.
Lenarcic: Mehr Geld für Schutzmechanismus
Dabei muss sich die EU nach Ansicht des Kommissars schon auf die nächste Katastrophe vorbereiten: "Europa ist der Kontinent, der sich weltweit am schnellsten erwärmt, und daher besonders anfällig ist für extreme Wetterereignisse wie die, über die wir heute sprechen." Lenarcic verlangt deshalb, genügend Geld für den EU-Katastrophenschutzmechanismus bereitzustellen und die EU besser auf Krisen vorzubereiten: Dämme, Rückhaltebecken, Renaturierung. Das zahlt sich nach Darstellung des Kommissars aus: Nichtstun sei weitaus teurer als handeln.
Nach Darstellung der Grünen-Fraktionschefin Terry Reintke beliefen sich die wirtschaftlichen Schäden durch Extremwetterereignisse in der EU in den vergangenen 40 Jahren auf 650 Milliarden Euro. "Dies ist auch ein weiterer Weckruf für uns. Der Klimawandel betrifft uns alle und er betrifft uns nicht in einer fernen Zukunft, sondern jetzt." Die Folgen solcher Katastrophen könne kein EU-Mitgliedsstaat alleine bewältigen, betont Reintke. Sie fordert, zum Green Deal zu stehen, also zu Europas Plan, bis zur Mitte des Jahrhunderts unter dem Strich keine klimaschädlichen Treibhausgase mehr auszustoßen.
"Es gibt kein Zurück mehr beim Klimaschutz"
Ähnlich äußert sich die Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Valerie Hayer. "Der Kampf gegen den Klimawandel ist für uns die vorrangige Herausforderung. Diese Extremwetterereignisse bestätigen eines: Es gibt kein Zurück mehr in unseren Anstrengungen beim Klimaschutz." Der angekündigte EU-Plan zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels dürfe keine leere Hülle sein, verlangt Hayer. Man müsse gefährdete Infrastruktur und bedrohte Regionen ausmachen, um dort gezielt zu investieren.
Die Gruppen am rechten Rand des Parlaments sehen Europas Klimaschutzbemühungen grundsätzlich kritisch. Sie werfen den proeuropäischen Fraktionen Panikmache vor und bemängeln, die EU habe in der aktuellen Krise zu spät reagiert.