In Belarus inhaftierter Deutscher Eine TV-Inszenierung als Druckmittel?
Ein Deutscher sitzt in Belarus im Gefängnis. Nun bittet der zum Tode Verurteilte im TV um Gnade. Experten sprechen von einer Inszenierung. Präsident Lukaschenko wolle Deutschland so zu einem Gefangenenaustausch bewegen.
Der zum Tode verurteilte Deutsche wird im belarusischen TV wie ein gefährlicher Schwerverbrecher vorgeführt. Etwas mehr als eine Viertelstunde dauert der Zusammenschnitt seiner Aussagen, der Clip ist teils mit dramatischer Musik unterlegt.
In dem Video bekennt er sich unter anderem schuldig, einen Terroranschlag vorbereitet und durchgeführt zu haben und bittet den belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko um Gnade.
"Die Beichte eines zum Tode Verurteilten", heißt es vom Moderator im belarusischen Fernsehen. "Wer ist der deutsche Bürger? Der Weg eines ausländischen Söldners - Spionage, Terror und Strafe."
Geständnis wohl unter Druck zustande gekommen
Das Geständnis des zum Tode Verurteilten ist offensichtlich unter Druck zustande gekommen. Es ist nicht das erste Mal, dass Lukaschenkos Regime Gefangene in aller Öffentlichkeit wie eine Trophäe präsentiert. In dem Video gibt der 30-Jährige unter anderem an, er habe auf Anweisung des ukrainischen Geheimdienstes SBU nicht nur militärische Anlagen fotografiert.
Er habe auch einen mit Sprengstoff gefüllten Rucksack an einer Bahnlinie deponiert - zum Glück sei die Detonation vor der Ankunft eines Zuges erfolgt, sodass niemand zu Schaden gekommen sei. Mit Tränen erstickter Stimme bittet er dann den belarusischen Präsidenten Lukaschenko um Vergebung: "Ich kann nur von Glück reden, dass niemand verletzt oder getötet wurde. Gott sei Dank! Ich kann nur hoffen, dass der Präsident dieses Landes, Lukaschenko, dass er mir verzeiht."
Minsk spricht von "konkreten Lösungen"
Der Clip mit dem zum Tode Verurteilten dürfte ein Signal an die deutsche Seite sein, die mit Belarus derzeit über die Freilassung des Deutschen verhandelt. Am Wochenende hatte der belarusische Außenamtssprecher erklärt, man habe "konkrete Lösungen" vorgeschlagen, um die Situation des 30-Jährigen zu ändern. Weitere Details wurden nicht bekannt.
In dem Clip wirft der Verurteilte, dessen Stimme zum Teil von einem Übersetzer übersprochen wird, der Bundesregierung vor, sich nicht für ihn einzusetzen. Der Übersetzer sagt in dem Video: "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Deutschland Belarus nicht kontaktieren will. Obwohl es eine Chance für mich gibt. Aber Deutschland nutzt diese Chance nicht." Im Anschluss ist der 30-Jährige wieder zu hören, er sagt: "Ich weiß nicht, warum."
Gefangenenaustausch anvisiert?
Offenbar versucht das Regime Lukaschenko so Druck auf Berlin auszuüben. Der Mann könnte Teil eines groß angelegten Gefangenenaustauschs sein, so die Einschätzung von Beobachtern. Eine konzertierte Aktion von Russland und Belarus sei denkbar. Es sei kein Zufall, dass das Bekanntwerden des Todesurteils gegen den Deutschen auf den gleichen Tag fiel wie die Verurteilung des US-Journalisten Evan Gershkovich zu 16 Jahren Haft in Russland.
Es wird spekuliert, dass Belarus und Russland auf die Freilassung des in Deutschland einsitzenden sogenannten Tiergartenmörders drängen. Mit dem inhaftierten Deutschen und Gershkovich könnte versucht werden, dies zu erpressen.