Rückzug nach russischen Angriffen Ukraine zieht Soldaten aus Awdijiwka ab
Die Stadt Awdijiwka im Osten der Ukraine ist seit Monaten umkämpft. Nun müssen sich die ukrainischen Truppen zurückziehen. Für Russland hat die Einnahme von Awdijiwka vor allem symbolische Bedeutung, glauben Experten.
Russland hat die seit Monaten umkämpfte ukrainische Stadt Awdijiwka eingenommen. "Angesichts der operativen Lage um Awdijiwka habe ich beschlossen, unsere Einheiten aus der Stadt abzuziehen und auf günstigeren Linien in die Verteidigung zu gehen, um eine Einkreisung zu vermeiden und das Leben und die Gesundheit der Soldaten zu schützen", schrieb der neue ukrainische Armeeführer Oleksandr Syrskyj bei X. Die Armee will die Stadt aber offenbar nicht aufgeben. Man werde zurückkehren.
Die Soldaten hätten sich "entsprechend einem Befehl aus Awdijiwka auf zuvor vorbereitete Stellungen zurückgezogen", schrieb der für den Frontabschnitt zuständige General Oleksandr Tarnawskyj in der Nacht bei Telegram. Zuvor hatte Tarnawskyj bereits den Rückzug aus mehreren Stellungen in Awdijiwka und die Gefangennahme mehrerer ukrainischer Soldaten durch die russische Armee gemeldet.
"Die einzig richtige Entscheidung"
Der Rückzug sei "die einzig richtige Entscheidung" angesichts einer Lage, in der "der Feind über die Leichen seiner eigenen Soldaten hinweg vorrückt, mit einer Überlegenheit von zehn zu eins, unter ständigem Beschuss", schrieb Tarnawskyj.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, es handele sich um eine "professionelle Entscheidung, um so viele Leben wie möglich zu retten". Für die russische Armee bedeute dies jedoch keinen Vorteil: "Die Entscheidung für den Rückzug wurde getroffen, aber Russland hat damit nichts gewonnen", so Selenskyj bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Awdijiwka hat vor allem symbolische Bedeutung
Der ukrainische Rückzug ist der größte symbolische Sieg Russlands seit dem Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive im vergangenen Sommer. Die Stadt, die vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine rund 33.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählte, liegt in der ostukrainischen Region Donezk. Diese ist eine von insgesamt vier Regionen, die der Kreml 2022 für annektiert erklärt hatte. Laut der Organisation Centre for Information Resilience wurden in der Stadt fast alle Gebäude beschädigt oder zerstört.
Eine Eroberung der Stadt durch russische Truppen sei zwar strategisch nicht bedeutend, sie lasse sich aber vom Kreml propagandistisch ausschlachten vor der russischen Präsidentenwahl im März, schrieben die Experten des US-amerikanischen Instituts für Kriegsstudien.
Awdijiwka hat auch deshalb große symbolische Bedeutung, weil von Moskau aus geführte pro-russische Separatisten die Stadt bereits im Juli 2014 eingenommen hatten - ukrainische Einheiten sie aber kurz darauf wieder unter ihre Kontrolle brachten. Obwohl die Stadt weniger als zehn Kilometer von der von den Separatisten kontrollierten Großstadt Donezk liegt, war sie seither stets unter ukrainischer Kontrolle geblieben.
"Unmenschliche Bedingungen"
In den vergangenen Tagen war die Lage für die ukrainischen Verteidiger in der Stadt immer schwieriger geworden. Sie wehrten sich unter "unmenschlichen Bedingungen", schrieb der Pressedienst der in Awdijiwka eingesetzten 110. Brigade der ukrainischen Armee am Freitag auf Facebook.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte vor dem Abzug aus Awdijiwka: "Wir tun das Maximale, damit unsere Soldaten ausreichend administrative und technologische Möglichkeiten haben, um so viele ukrainische Leben wie möglich zu retten."
Die USA halten den Munitionsmangel für einen wichtigen Grund für die Probleme der ukrainischen Armee. Das sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. Da der US-Kongress das entsprechende Zusatzgesetz für weitere Ukraine-Hilfen noch nicht verabschiedet habe, könnten der Ukraine die dringend benötigten Artilleriegeschosse nicht geliefert werden.