Nach tödlichen Schüssen Erneut Ausschreitungen in Paris
Nach den tödlichen Schüssen in einem kurdisch geprägten Viertel in Paris ist es erneut zu Ausschreitungen gekommen. Am Rande einer friedlichen Demonstration zum Gedenken an die drei Toten vom Freitag gab es Zusammenstöße mit der Polizei.
In Paris sind mehrere Tausend Menschen nach dem tödlichen Angriff in einem kurdischen Kulturzentrum auf die Straße gegangen. Vertreter kurdischer Gruppen, linker Parteien, antirassistischer und anderer Gruppen versammelten sich auf dem Place de la République im Osten der französischen Hauptstadt, um der Opfer des Angriffes zu gedenken. Einige Teilnehmer riefen Parolen gegen die türkische Regierung.
Am Rande der weitgehend friedlichen Demonstration kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Demonstrierende warfen Gegenstände und lieferten sich Scharmützel mit den Sicherheitskräften, die Tränengas einsetzten. Mindestens vier Autos wurden umgestoßen, von denen mindestens eines in Brand gesetzt wurde. Auch Mülltonnen brannten, Bushaltestellen wurden zerstört.
Auch in Marseille gingen Angehörige der kurdischen Minderheit auf die Straße. Hier kam es ebenfalls zu Zusammenstößen mit der Polizei.
Kurdische Aktivisten sprechen von "terroristischer Attacke"
Bereits am Freitagabend hatte es Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gegeben. Zuvor hatte ein Mann in einem kurdischen Gemeindezentrum sowie einem Restaurant und einem Friseursalon gegenüber des Zentrums mehrere Schüsse abgefeuert und drei Menschen getötet. Drei weitere Menschen wurden bei dem Angriff verletzt. Nach Angaben des kurdischen Verbandes CDK-F sind alle Opfer kurdische Aktivisten, unter ihnen eine junge Frau und ein Musiker.
Der CDK-F beschuldigte den türkischen Staat und dessen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, für die Tat verantwortlich zu sein und bezeichnete den Angriff als "terroristische Attacke", zu der es nach zahlreichen türkischen Drohungen gekommen sei. Die Türkei bekämpft seit langem kurdische Unabhängigkeitsbestrebungen, die unter anderem von der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorangetrieben werden.
Ermittler gehen von rassistischem Motiv aus
Gegen den mutmaßlichen Täter, einen 69-jährigen Franzosen, wird mittlerweile auch wegen eines möglichen rassistischen Motivs ermittelt, wie die französische Staatsanwaltschaft mitteilte. Er hatte laut Ermittlerkreisen erklärt, Rassist zu sein. Der ehemalige Lokführer war am Tatort in Polizeigewahrsam genommen und leicht verletzt in ein Krankenhaus gebracht worden.
Innenminister Gerald Darmanin sagte, der Mann habe es eindeutig auf Ausländer abgesehen und allein gehandelt. Er habe keine bekannten Verbindungen zu rechtsextremen oder anderen radikalen Gruppen. Der Sender BFMTV schrieb, der Verdächtige habe ausgesagt, dass er gezielt die kurdische Gemeinde habe angreifen wollen.
Bereits am Freitag wurden Ermittlungen wegen vorsätzlicher Tötung und schwerer Gewalt eingeleitet. Laut Staatsanwaltschaft liegt die Maximalstrafe, die dem Verdächtigen droht, bei lebenslanger Haft. Der Mann ist wegen illegalen Waffenbesitzes und Gewaltverbrechen vorbestraft und wurde bereits im vergangenen Jahr wegen eines Angriffs auf Zeltlager von Migranten verhaftet. Erst im Dezember kam er aus der Haft frei.
Türkische und kurdische Treffpunkte stärker geschützt
Nach dem Angriff will Frankreich kurdische Treffpunkte schützen. Landesweit sollen durchgehend Wachen an Versammlungsorten der kurdischen Gemeinde aufgestellt werden. Darmanin will zudem prüfen, ob es weitere Bedrohungen gegen Kurdinnen und Kurden in Frankreich gebe. Der Innenminister kündigte weiter an, auch türkische diplomatische Vertretungen im Land zu schützen, um Gegenangriffe zu verhindern.