Auslieferung an die USA Darf Assange Berufung einlegen?
Heute entscheidet sich, ob Wikileaks-Gründer Assange gegen seine Auslieferung an die USA juristisch vorgehen darf. Es ist seine letzte Chance, Berufung einzulegen - andernfalls droht ihm ein langes Verfahren mit enormen Strapazen.
Im Jahr 2010 veröffentlichte die Internet-Plattform Wikileaks von Julian Assange ein erschütterndes Video. Zu sehen ist, wie die Besatzung von einem "Apache"-Kampfhubschrauber der US-Armee aus auf Zivilisten feuert. Die Männer gehen hinter einem Auto in Deckung. Doch die Schüsse durchschlagen das Gefährt. Der Vorfall hatte sich 2007 in Bagdad ereignet. Damals starben zwölf Zivilisten. Darunter waren auch zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters.
Möglicherweise war die Kamera einer Person für eine Waffe gehalten worden. Die Bilder legten den Verdacht nahe, dass US-Soldaten Kriegsverbrechen begangen hatten. In den kommenden Monaten folgte die Veröffentlichung zahlreicher Dokumente über den Krieg in Afghanistan und über das Gefangenen-Lager Guantanamo.
Sicherheitsfirma hörte Assange ab
Die US-Regierung leitete Ermittlungen ein. Dazu kam, dass die schwedischen Behörden einen Haftbefehl ausstellten gegen Julian Assange wegen angeblicher Sexualdelikte. Assange fürchtete die Auslieferung an die USA und floh 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London. Ecuador gewährte ihm politisches Asyl. Dort sprach er vom Balkon zu Medienvertretern und Unterstützern. Die Bilder gingen um die Welt. Wikileaks sei in Gefahr, genauso die Meinungsfreiheit und unsere funktionierende Gesellschaft, sagte der Australier damals.
Sieben Jahre saß er in der Botschaft auf engem Raum fest. Ab 2015 mit einer wichtigen Beziehung - der zu seiner jetzt Ehefrau Stella Assange. Die Anwältin war schon zuvor Teil des Teams um Julian Assange gewesen. 2017 und 2019 kamen zwei gemeinsame Kinder zur Welt. In dieser Zeit wurde Julian Assange offenbar durch eine spanische Sicherheitsfirma, die in der Botschaft eingesetzt war, abgehört. Unter anderem sollen aus den Windeln der Kinder Proben entnommen worden sein, um festzustellen, ob Assange wirklich der Vater ist.
Seit 2019 im Hochsicherheitsgefängnis
Stella Assange wirft dem ehemaligen CIA-Direktor Mike Pompeo sogar vor, er habe Pläne ausarbeiten lassen, Assange zu töten. Das soll 2017 gewesen sein. Berichtet hatte dazu die Internetseite Yahoo News im Jahr 2021 und verwies auf etwa 30 Gesprächspartner und Quellen, teils namentlich genannt.
2017 wurden die Ermittlungen zu den angeblichen Sexualdelikten in Schweden mangels Beweisen eingestellt. 2019 entzog der neue ecuadorianische Präsident Lenin Moreno Julian Assange die Staatsbürgerschaft. Daraufhin nahm die britische Polizei Assange in der Botschaft fest. Er kam ins Hochsicherheitsgefängnis in Belmarsh, verbüßte eine Haftstrafe, weil er gegen Kautionsauflagen verstoßen hatte. Doch er musste im Gefängnis bleiben - ohne Urteil. Es schloss sich der Rechtsstreit um seine Auslieferung an die USA an.
Ungewisse Aussichten für Assange
Während der langen Haft baute Assange massiv ab. "Seine physische und psychische Gesundheit hat sich enorm verschlechtert", sagte Stella Assange. Wenn die Richter heute entscheiden, dass die Anwälte um Assange keine Berufung einlegen dürfen, könnte es schnell gehen mit seiner Auslieferung in die USA. Dort droht ihm ein Gerichtsverfahren und die Verurteilung wegen Spionage.
Er könnte nach einer Verurteilung zwar schnell nach Australien ausgeliefert werden, da er die australische Staatsbürgerschaft hat. Dort könnte er auf freien Fuß kommen. Doch das Gerichtsverfahren in den USA dürfte sich sehr lange hinziehen und Assange enorm strapazieren. Einzige verbleibende Möglichkeit für die Anwälte von Assange wäre, sich an den Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu wenden. Welche Aussichten das hätte, ist offen.
Wenn die Richter die Berufung zulassen, beginnt ein Verfahren, das sich erneut über Monate ziehen könnte. Der Ausgang ist dann offen. Diese Berufung könnte dann am Ende auch abgelehnt werden.