EU-Gipfel in Brüssel Zwischen Klimaschutz und Reformvertrag
Der EU-Reformvertrag und die Strategie für die Klimakonferenz in Kopenhagen stehen im Zentrum des Gipfeltreffens in Brüssel. Vor allem beim Thema Klima werden kontroverse Debatten der 27 Staats- und Regierungschefs erwartet. Und wie so oft geht es auch diesmal ums Geld.
Von Christoph Prössl, WDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Es geht um Milliarden und vor allem um alles oder nichts. Die Staats- und Regierungschefs verhandeln über finanzielle Zusagen an Entwicklungs- und Schwellenländer für den Klimaschutz. Im Jahr 2020 braucht die Staatengemeinschaft nach Berechnungen der EU-Kommission rund 100 Milliarden Euro jährlich. Zum einen, um die Folgen des Klimawandels zu mildern; zum anderen, um klimafreundliche Technologien zu fördern.
Aber woher soll das Geld kommen? An dieser Frage scheiterten bereits die Finanzminister der EU auf ihrem Treffen in der vergangenen Woche - und der schwedische Ratspräsident Anders Borgh musste mitteilen: Keine Einigung. Jetzt müssen also die Staats- und Regierungschefs ran.
"Ist Merkel bereit, Geld auf den Tisch zu legen?"
Aus deutschen Verhandlungskreisen heißt es immer wieder, es wäre unklug, vor den Gesprächen in Kopenhagen konkrete Zahlen zu nennen. Das schwäche die Verhandlungsposition. Doch der wahre Grund für die deutsche Zurückhaltung könnte ein ganz anderer sein, vermutet Joris den Blanken von Greenpeace: "Die wichtige Frage ist nun: Ist Kanzlerin Merkel bereit, Geld auf den Tisch zu legen? Wir wissen, dass auf dem Treffen der Finanzminister Deutschland nicht bereit war, finanzielle Zusagen zu machen. Die Entschuldigung war, dass die Regierung noch den Haushalt debattiert. Nun gibt es eine neue Regierung, und Merkel muss jetzt zeigen, dass sie das Mandat der Wähler für mehr Klimaschutz umsetzt."
Bei Experten wächst die Befürchtung, dass ohne finanzielle Zusagen der EU die Weltklimakonferenz in Kopenhagen scheitern könnte. Die Vereinten Nationen wollen in der dänischen Hauptstadt ein Abkommen beschließen, das die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzt - verglichen mit der Zeit vor der Industrialisierung. Dieses neue Abkommen soll das Kyoto-Protokoll ablösen, das 2012 ausläuft.
Sonderregeln für Polen und Co.?
Aber die Finanzierung ist nicht der einzige Knackpunkt: Einige osteuropäische Länder fordern, dass ihnen Verschmutzungsrechte, die sie in den vergangenen Jahren nicht benötigten, für die Zukunft angerechnet werden. Das kritisierte der ehemalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel vor einer Woche: "Jetzt müssen wir im Wesentlichen verhindern, dass die Polen und andere Freunde aus Europa sehr kurzfristig und kurzsichtig glauben, durch die Übertragung solcher Verschmutzungsrechte sich Vorteile zu erkaufen, aber gleichzeitig dazu beitragen, dass der Kohlenstoff-Markt zerstört wird, dass die Preise verfallen, und sie dann bei den Auktionierungen dann auch weniger einnehmen oder sich internationale Maßnahmen dann nicht mehr rechnen."
Denn die Befürchtung ist: Erkennt das neue Abkommen Sonderregeln für einige Länder an, dann könnte darunter der Handel an Verschmutzungsrechten leiden, der sogenannte Emissionshandel. Die Preise wären zu niedrig, zu wenige Zertifikate würden gehandelt, es könnte gar kein Markt entstehen und damit fehlten dann auch Einnahmen beispielsweise zur Finanzierung von grünen Kraftwerken in Entwicklungsländern.