Verhandlungen mit der Türkei EU-Kommissar will Ende der Beitrittsgespräche
Die Beitrittsgespräche zwischen EU und Türkei liegen seit Monaten auf Eis. Der zuständige EU-Erweiterungskommissar Hahn will die Verhandlungen nun endgültig abbrechen. Damit ist er nicht allein.
Die Verhandlungen über eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU sollten nach Ansicht des zuständigen EU-Kommissars Johannes Hahn offiziell aufgegeben werden. "Ich finde, langfristig wäre es ehrlicher für die Türkei und die EU, neue Wege zu gehen und die Beitrittsgespräche zu beenden", sagte Hahn der "Welt". Eine EU-Mitgliedschaft sei auf "absehbare Zeit" nicht realistisch.
EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn will Klarheit über den Status der Türkei.
Der österreichische Kommissar verwies unter anderem auf skeptische Äußerungen von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zu den Chancen auf Fortschritte bei den EU-Beitrittsverhandlungen "und die Stimmung innerhalb der Bevölkerung in zahlreichen Mitgliedstaaten". Es sei eine Frage der "Fairness, für klare Verhältnisse zu sorgen".
Mit seiner offenen Positionierung unterstützt Hahn seinen Landsmann Sebastian Kurz. Der österreichische Bundeskanzler gilt als der prominenteste Fürsprecher eines offiziellen Abbruchs der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Er hat im Kreis der Staats- und Regierungschefs bislang aber kaum Unterstützer.
Auch der EVP-Vorsitzende Manfred Weber hatte jüngst ein Ende der Beitrittsgespräche gefordert. Der Spitzenkandidat der Konservativen für die Europawahl würde als Präsident der EU-Kommission die Gespräche über einen Beitritt der Türkei zur EU beenden.
Strategische Partnerschaft statt EU-Beitritt
Hahn schlägt statt der Beitrittsgespräche eine strategische Partnerschaft mit der Türkei vor. Diese sei "im beidseitigen Interesse". Mögliche Bereiche seien dabei Energie, Migration, der Wiederaufbau Syriens und eine Ausweitung der Zollunion. Das Festhalten an den 2005 begonnenen Beitrittsverhandlungen habe den "Weg für eine realistische, strategische Partnerschaft versperrt".
Die Entscheidung über einen Fortgang der bisherigen Gespräche liegt bei den EU-Mitgliedstaaten. Bei Beratungen im Juni stellten sie fest, dass die Verhandlungen praktisch zum Stillstand gekommen seien und nur grundlegende Änderungen in der Türkei Fortschritte ermöglichen könnten.
Die EU-Staaten konstatierten in diesem Zusammenhang zutiefst besorgniserregende Rückschritte bei Rechtsstaatlichkeit, Grundrechten und Meinungsfreiheit. Das Vorgehen gegen Journalisten, Akademiker, Menschenrechtler, Oppositionspolitiker und Nutzer sozialer Medien könne nicht geduldet werden, hieß es in einer Erklärung.
EU-Staaten zögern mit Abbruch der Beitrittsgespräche
Als ein Grund für das Festhalten am EU-Kandidatenstatus der Türkei gilt die Migrationskrise. Der Entzug des Status könnte aus Sicht vieler Staaten den Flüchtlingspakt mit dem Land gefährden. Er gilt als ein Grund dafür, dass derzeit deutlich weniger Migranten nach Europa kommen als noch 2015.