Kandidaten für die EU-Kommission Heftiger Gegenwind aus dem Parlament
Die Kandidaten für die EU-Kommission stoßen im Europaparlament auf harsche Kritik. Der britische Kandidat für das Finanzmarkt-Ressort, Hill, muss zu einer zweiten Anhörung. Auch der Ungar Navracsics und der Spanier Cañete mussten sich vielen Vorwürfen stellen.
Das Europaparlament macht es den Kandidaten für die EU-Kommission in ihren Anhörungen nicht leicht. Der Brite Jonathan Hill, der für den Posten des EU-Finanzmarktkommissars kandidiert, muss sogar nachsitzen. Er müsse zu einer zweiten Anhörung kommen, sagte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold: "Er hat auf viele Fragen nicht geantwortet", sagte er zur Begründung.
Einer der Vorwürfe lautet, dass der Brite in seiner ersten Anhörung keine Position zu den umstrittenen gemeinsamen Staatsanleihen aller Euro-Länder (Eurobonds) bezog. Die Konservative Kay Swinburne schrieb auf ihrer Webseite, der "Meinungsaustausch" werde nächste Woche stattfinden. Sie fügte hinzu: "Es ist nicht leicht, fünf Jahre Finanzregulierung in zehn Tagen zu lernen."
Vorwurf: Mangelnde Glaubwürdigkeit
Auch der umstrittene designierte EU-Kulturkommissar Tibor Navracsics musste heftige Kritik der Europaabgeordneten einstecken. Sie warfen dem Ungarn fehlende Glaubwürdigkeit und kulturpolitischen Kahlschlag in seinem Land vor. Navracsics war als ungarischer Justizminister der Architekt mehrerer umstrittener Gesetze zur Einschränkung der Medienfreiheit in dem Land. Er ist Mitglied der rechtskonservativen Fidesz-Partei von Regierungschef Viktor Orban.
Sexismus-Vorwürfe gegen Spanier
Auch dem designierten EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie Miguel Arias Cañete wehte heftiger Gegenwind entgegen. In einem Brief an den künftigen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte sich die Vorsitzende des Frauenausschusses im Europaparlament, die spanische sozialdemokratische Abgeordnete Iratxe García Pérez, über "sexistische Bemerkungen" ihres Landsmanns beschwert. Auch Beteiligungen an Firmen der Ölindustrie wurden als Hindernis für den Posten angesehen.
Vorwürfe der Frauenfeindlichkeit versuchte der 64-Jährige in seiner Eingangserklärung zu entkräften. "Ich glaube fest an die Gleichheit zwischen Männern und Frauen als einem der Grundpfeiler" für ein gerechteres und wohlhabenderes Europa, sagte er. Für frühere "unglückliche" Äußerungen entschuldige er sich.
Der konservative Spanier betonte, dass er mittlerweile seine Anteile an den zwei spanischen Ölfirmen Ducor und Petrologis Canaria verkauft habe. Er sagte: "Es gibt keinen Interessenkonflikt." Sowohl er selbst als auch seine Frau und sein Sohn hätten alle Verbindungen zu den beiden Firmen gekappt. Wiederholte Fragen nach der Rolle eines Schwagers in den beiden Unternehmen beantwortete Cañete indes nicht.
Moscovici im Visier der Konservativen
Am Donnerstag hören die Abgeordneten des Europaparlaments den designierten Wirtschafts- und Finanzkommissar Pierre Moscovici an. Der Sozialist aus Paris wird insbesondere von den Konservativen in der Volksvertretung kritisiert, da Frankreich sein Defizit nicht in den Griff bekommt. Auch der designierte EU-Agrarkommissar Phil Hogan aus Irland und die für das mächtige Wettbewerbsressort vorgesehene Dänin Margrethe Vestager stellen sich den Fragen der Abgeordneten.
Das Europarlament muss dem ganzen Personalpaket zustimmen, damit die neue EU-Kommission am 1. November ihre Arbeit aufnehmen kann.