Siedlerprodukte aus Israel EU beschließt Kennzeichnungspflicht
Produkte, die in jüdischen Siedlungen in besetzten palästinensischen Gebieten Israels hergestellt werden, müssen künftig gekennzeichnet werden. Die EU-Kommission beschloss die neue Pflicht zur Herkunftsbezeichnung. Die israelische Regierung reagierte mit scharfer Kritik.
Die Kennzeichnung ermöglicht es Verbrauchern in der Europäischen Union künftig zu entscheiden, ob sie Obst, Gemüse und Kosmetika aus jüdischen Siedlungen in den besetzten palästinensichen Gebieten kaufen wollen. Diese Siedlungen im West-Jordanland, in Ost-Jerusalem und auf den Golanhöhen sind nach Ansicht der EU völkerrechtswidrig. Die Kennzeichnung anderer Produkte bleibt freiwillig.
Die EU-Kommission betont, mit der erlassenen Richtlinie werde eine bereits 2012 getroffene Entscheidung der EU-Außenminister umgesetzt. "Die politische Linie der EU ist es, dass die besetzten Gebiete nicht Teil des israelischen Hoheitsgebietes sind. Und deswegen kann kein Produkt von dort als 'Made in Israel' gekennzeichnet werden", hieß es aus Kommissionskreisen. Es gehe lediglich darum, dass existierende Regeln in allen Mitgliedstaaten künftig gleich angewendet werden. Die Maßnahme betreffe nur ein Prozent der zwischen Israel und der EU gehandelten Güter. Außerdem gebe es bereits eine entsprechende Kennzeichnung in Großbritannien, Belgien und Dänemark.
"Vorschrift erinnert an den gelben Stern"
Die USA und Israel hatten in den vergangenen Tagen Druck auf die EU-Kommission ausgeübt, auf die Produktkennzeichnung zu verzichten. Mehrere US-Senatoren appellierten an die EU- Außenbeauftragte Federica Mogherini, Waren aus israelischen Siedlungen nicht zu kennzeichnen.
In Israel rief der Beschluss aus Brüssel heftige Kritik hervor. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte, die EU solle sich schämen. Die Entscheidung sei ein Zeichen von "Heuchelei und Doppelmoral", da die Kommission sich nur auf Israel beziehe und die rund 200 anderen in der Welt tobenden Konflikte ignoriere. Die Regierung drohte mit Gegenmaßnahmen und berief den EU-Botschafter ein.
Der frühere israelische Außenminister Avigdor Lieberman sagte, die Vorschrift erinnere ihn an den gelben Stern, den Juden zur Zwangskennzeichnung während des Nationalsozialismus tragen mussten. Israels Energieminister Yuval Steinitz betonte gestern gegenüber der EU-Kommission, man erinnere sich noch gut an die Zeit, als jüdische Produkte zuletzt in Europa gekennzeichnet wurden. Auch der israelische EU-Botschafter David Walzer drohte bereits gestern damit, dass Israel als Folge der Kennzeichnungspflicht die Vermittlerrolle der EU im Nahost-Konflikt nicht mehr akzeptieren werde.
Positiv fiel hingegen die Reaktion von palästinensischer Seite aus. "Es ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines totalen Boykotts israelischer Siedlungen, die auf illegal besetztem Palästinensergebiet gebaut sind", sagte Saeb Erekat, der ehemalige palästinensische Chefunterhändler mit Israel.
Pflicht seit Jahren in der Diskussion
Über die Richtlinie war innerhalb der EU jahrelang diskutiert worden. Im Frühjahr hatten 16 EU-Außenminister die EU-Kommission aufgefordert, die Kennzeichnung eindeutig festzuschreiben, um Verbrauchern einen Boykott zu ermöglichen. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier unterzeichnete das Schreiben an die Kommission damals nicht. Deutschland gehört jedoch trotzdem zu den Kritikern des Siedlungsbaus in Israel, weil dadurch eine Zwei-Staaten-Lösung verhindert werde, die ein friedliches Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern ermöglichen könne.