EU-Innenministertreffen "Gemeinschaftsgeist" nach langem Streit
In der umstrittenen Asylpolitik haben sich die EU-Innenminister offenbar in entscheidenden Fragen geeinigt. Beschlüsse gab es zwar nicht. Minister Seehofer zeigt sich zufrieden und droht weiter mit Alleingang.
Die Innenminister der Europäischen Union wollen den Schutz der EU-Außengrenzen vorantreiben. Es gebe einen "sehr, sehr breiten Konsens", darauf den Fokus zu legen, sagte der österreichische Innenminister Herbert Kickl als Vertreter der österreichischen EU-Präsidentschaft nach dem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Innsbruck.
Die Grenzschutzagentur Frontex solle weiter gestärkt und mit einem notwendigen Mandat ausgestattet werden, erklärte Kickl. Einig seien sich die Innenminister auch, dass es zusätzliche Grenzschutzmaßnahmen in Herkunfts- und Transitländern gebe müsse. Es sollen Anreize und Sanktionen geschaffen werden, damit sich Staaten nicht länger weigerten, eigene Staatsbürger zurückzunehmen.
Noch keine Einigung beim gemeinsamen Asylsystem
Auch bei den geplanten "Ausschiffungsplattformen" zur Unterbringung von Flüchtlingen in Nordafrika gibt es laut Kickl viele Gemeinsamkeiten zwischen den EU-Ländern. Die Plattformen müssten so aufgesetzt werden, dass sie mit dem Völkerrecht übereinstimmten und sie für die Beziehungen zu den Drittstaaten hilfreich seien.
Weiter solle die Arbeit an einem gemeinsamen europäischen Asylsystem und am Dublin-System vorangetrieben werden. Hier stecke man allerdings zurzeit in einer Sackgasse.
Elf bilaterale Abkommen in Aussicht
Bundesinnenminister Horst Seehofer zeigte sich mit dem Verlauf des informellen Treffens zufrieden. Es gebe einen "Gemeinschaftsgeist" unter den Innenministern, sagte der CSU-Politiker. Alle seien davon überzeugt, die noch vorhandenen Probleme jetzt lösen zu wollen. Die Migrationsfrage sei die "Schicksalsfrage für Europa".
Er stellte mehrere neue Abkommen mit anderen EU-Staaten zur beschleunigten Rücknahme von Flüchtlingen in Aussicht. "Ich habe hier sehr viel Zuspruch bekommen, dass auch andere Länder da dabei sein wollen", sagte Seehofer. Zusagen gebe es aktuell aber nur von elf Staaten und nicht mehr von 14, wie Kanzlerin Angela Merkel nach dem EU-Gipfel Ende Juni erklärt hatte. Während des Ministertreffens habe er auch mit der Schweiz über ein mögliches Abkommen geredet. Nun werde den fraglichen Staaten "eine Art Rahmen-Vereinbarung" zugeschickt.
Seehofer hält sich Alleingang offen
Bis spätestens Anfang August strebt Seehofer solche Abkommen auch mit Österreich, Griechenland und Italien an. Er habe "ein Stück Optimismus, dass es uns gelingen kann, die Binnenmigration gemeinsam zu lösen". Italien und Österreich waren nicht unter den 14 Ländern, von denen Merkel Ende Juni Zusagen zur beschleunigten Rückführung von Asylbewerbern erhalten hatte.
Die Abkommen mit EU-Staaten zur Rücknahme bereits registrierter Flüchtlinge sind zentraler Bestandteil der Einigung im wochenlangen Asylstreit der großen Koalition. Falls sie nicht zustandekommen, stellte Seehofer erneut nationale Alleingänge in Aussicht. "Je weniger europäisch gelingt, desto mehr muss man dann national Vorkehrungen treffen." Seehofer hatte gedroht, bestimmte Flüchtlinge notfalls einseitig an der Grenze nach Österreich zurückzuweisen, wenn eine einvernehmliche Lösung über die Aufnahme dieser Migranten mit anderen EU-Ländern nicht zustande komme. Merkel lehnt Alleingänge Deutschlands vehement ab.
Horst Seehofer traf sich auch mit seinen Kollegen Herbert Kickl und Matteo Salvini.
Dreiertreffen am Rande
Seehofer traf sich am Rande des EU-Innenministerrats mit seinen Amtskollegen Kickl und Matteo Salvini aus Italien. Zwischen den drei Ländern ist umstritten, wie man mit Asylbewerbern umgeht, die entgegen den Dublin-Regeln innerhalb der EU auf eigene Faust nach Deutschland weitergereist sind. Seehofer will sie in die eigentlich zuständigen Länder wie Italien und Griechenland oder direkt ins Transitland Österreich zurückweisen. Dazu will er bilaterale Abmachungen schließen. Die Gespräche dazu sollten bis spätestens Anfang August so zum Abschluss gebracht werden, "dass wir beurteilen können: 'Gibt es Vereinbarungen oder nicht'", kündigte Seehofer an.