EU-Gipfel Ost gegen West in der Asylpolitik
Seit Jahren ist die Europäische Union in der Flüchtlingspolitik uneinig - beim Gipfel in Brüssel ist die offene Spaltung der Staaten in Ost und West erneut deutlich geworden. Im Streit über die Asylpolitik haben sich die Standpunkte laut Bundeskanzlerin Merkel nicht verändert.
Im Streit um Aufnahmequoten für Flüchtlinge bleiben die Fronten in der EU verhärtet. Die Beratungen der Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel in Brüssel ließen die Spaltung abermals klar zutage treten: Auf der einen Seite standen mehrere osteuropäische Länder, die sich weiter der Aufnahme von Flüchtlingen verweigern. Auf der anderen Seite standen die restlichen EU-Staaten, die auf der Umsetzung des Mehrheitsbeschlusses beharren.
Drei Stunden wurde beim Gipfel darüber bis spät in die Nacht debattiert. Die Zeit drängt: Bis zum kommenden Juni soll die Reform des europäischen Asylsystems endgültig fertig sein.
Merkel: "Großes Stück Arbeit vor uns"
"Hier haben wir noch ein großes Stück Arbeit zu tun", bilanzierte Bundeskanzlerin Angela Merkel das Ergebnis der mehrstündigen Beratungen, die sich bis nach Mitternacht hinzogen. Die Standpunkte der Mitgliedstaaten in der Frage hätten sich "auch nicht verändert". Allerdings gebe es "einen klaren Auftrag, bis Juni nächsten Jahres weiterzuarbeiten". Österreichs Bundeskanzler Christian Kern warnte vor einem Fiasko für die Union: Es wäre eine "absolute Kapitulation", wenn eine europäische Lösung für die Lastenverteilung bei der Aufnahme von Flüchtlingen scheitern sollte.
Kanzlerin Merkel hält die Flüchtlingspolitik für "ein großes Stück Arbeit" in den nächsten Monaten.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte zeigte sich verärgert über den Versuch der Osteuropäer, sich dem Mehrheitsbeschluss der EU zu entziehen. "Wenn man das zulässt, wird die EU zu einem Laden, in dem jeder kauft, was ihm passt." Seine Kritik zielte insbesondere auf Ungarns Ministerpräsident Victor Orban: "Was Orban hier macht, ist eine Schande."
Umverteilungssystem gescheitert?
Die EU-Staaten streiten seit Jahren über Flüchtlingsquoten. Mehrere osteuropäische Länder wie Ungarn, Polen und Tschechien weigern sich, einen Beschluss von 2005 umzusetzen, 120.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf alle EU-Länder zu verteilen. Der Streit um die Quoten blockiert seit Monaten die Reform des europäischen Asylsystems. Denn dieses Reformvorhaben sieht bislang einen permanenten Umverteilungsmechanismus für solche Fälle vor, in denen die Hauptankunftsländer überlastet sind. Polen, Ungarn und Tschechien lehnen aber jede Art von Zwang bei der Aufnahme von Flüchtlingen ab.
EU-Ratspräsident Tusk hatte das Umverteilungssystem für gescheitert erklärt.
Bereits vor dem Gipfel hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk in einem Arbeitspapier den Anstoß für die erhitzte Debatte geliefert: Die seit Jahren umstrittenen Flüchtlingsquoten sind seiner Ansicht nach "höchst spaltend" und "unwirksam". Diese Aussagen hatte Merkel deutlich kritisiert.