EU-Gipfel in Salzburg Fortschritte dringend gesucht
Noch keine Lösung im Brexit-Streit, eine Hängepartie bei der Flüchtlingspolitik. Der EU-Gipfel in Salzburg soll endlich Fortschritte bringen, doch die Chancen stehen schlecht.
Theresa May hofft, dass ihr die anderen EU-Staats- und Regierungschefs beim Abendessen in Sachen Brexit ein Stückchen entgegenkommen werden. Beim Dinner in der imposanten Felsenreitschule, in der normalerweise die Salzburger Festspiele stattfinden, wird die britische Premierministerin ihre Brexit-Pläne verteidigen.
May möchte eine Freihandelszone zwischen der EU und Großbritannien einrichten, allerdings nur für Güter, nicht für Dienstleistungen. Damit will sie die mächtige Finanzwelt in London raushalten aus jeglichen europäischen Regelungen. Die EU ist gegen eine solche gespaltene Lösung, weil sie sich ihrer Ansicht nach nicht mit dem europäischen Binnenmarkt verträgt.
Es hakt weiterhin an der irischen Grenze
Der größte Streitpunkt aber ist die irische Insel. Dort wird nach dem Brexit eine neue Außengrenze entstehen: Zwischen dem EU-Mitglied Irland und Nordirland, das dann zu Großbritannien gehören wird. Eine harte Grenze mit strikten Kontrollen soll vermieden werden, um alte Konflikte in der Region nicht neu aufbrechen zu lassen.
Deshalb hat die EU für den Warenverkehr eine Auffanglösung vorgeschlagen. Der sogenannte Backstop sieht vor, dass Nordirland auch nach dem Brexit den europäischen Zollregeln unterworfen bleiben soll. Das würde allerdings bedeuten, dass es Zollkontrollen zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens geben müsste. Die britische Regierung lehnt das ab. EU-Chefunterhändler Michel Barnier dagegen bekräftigte, dass es ohne Auffanglösung kein Brexit-Abkommen geben werde.
Am zweiten Gipfeltag werden die 27 EU-Länder - ohne Großbritannien - über einen Brexit-Sondergipfel im November beraten. Dann sollen die Verhandlungen über einen Austrittsvertrag beendet werden, damit die Parlamente genug Zeit haben, dem Vertrag zuzustimmen, und Großbritannien Ende März 2019 geordnet aus der EU austreten kann.
Projekte der Migrationspolitik stocken
Wenig geordnet ist die Lage in der europäischen Flüchtlingspolitik. Hier herrscht eher ein Durcheinander unterschiedlicher Positionen. Nicht einigen können sich die EU-Länder bislang auf ein neues Asylsystem und eine Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas. Auch die geplanten Aufnahmezentren außerhalb der EU, etwa in Nordafrika, kommen nicht voran, weil sich bislang kein nordafrikanisches Land dazu bereit erklärt hat, solche Zentren einzurichten.
Mehr Einigkeit gibt es dagegen beim Schutz der EU-Außengrenzen. Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz unterstützt den Vorschlag, dass die europäische Grenz- und Küstenschutzbehörde "Frontex" personell massiv aufgestockt werden soll: von jetzt etwa 1500 auf 10.000 Mitarbeiter. Dies solle aus seiner Sicht bereits bis 2020 geschehen, außerdem müsse das Mandat der Behörde ausgeweitet werden, "damit Frontex auch mit Transitländern zusammenarbeiten und so versucht werden kann, dass Boote gar nicht erst ablegen, damit keine Menschenleben gefährdet werden und damit Schlepper nicht immer mehr Geld verdienen."
Widerstand der Populisten
Mehr Macht für "Frontex"? Das könnte neue Probleme hervorrufen. Denn damit die europäischen Grenzschützer schnell und mühelos in EU-Ländern eingesetzt werden können, müssen diese Länder nationale Kompetenzen abgeben. Und damit sind einige Regierungen gar nicht einverstanden.
Der rechtspopulistische Ministerpräsident Viktor Orban aus Ungarn ist zwar grundsätzlich für mehr Außengrenzschutz, aber nicht an seiner Landesgrenze. Orban will das nationale Recht behalten, die ungarische Grenze selbst bewachen zu können. Die ungarische Regierung hatte 2015 im Zuge des Flüchtlingszustroms einen 175 Kilometer langen Grenzzaun zu Serbien und Kroatien bauen lassen. Für viele ist dieser Zaun ein Symbol für die Abschottung Ungarns.