Sitzung beim EU-Gipfel
Player: videoStaats- und Regierungschefs ringen auf EU-Gipfel um gemeinsame Linie bei der Verteidigung

Gipfel in Brüssel EU will bis 2030 massiv aufrüsten

Stand: 20.03.2025 23:56 Uhr

800 Milliarden Euro - so viel will die EU in den kommenden Jahren für die Rüstung bereitstellen. Für die Pläne der EU-Kommission kommt auf einem Gipfel in Brüssel Zustimmung von den Staats- und Regierungschefs.

Die EU will bis zum Ende des Jahrzehnts massiv aufrüsten. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten entschieden bei ihrem Frühjahrsgipfel, alles daranzusetzen, um Europas Verteidigungsbereitschaft in den nächsten fünf Jahren entscheidend zu stärken, wie aus der Abschlusserklärung des Treffens hervorgeht.

800 Milliarden Euro mobilisieren

Dafür sollen unter anderem die Arbeiten an den jüngsten Vorschlägen der EU-Kommission zügig vorangetrieben werden. Die Behörde unter der Führung von Präsidentin Ursula von der Leyen will für Aufrüstungsprojekte unter anderem EU-Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro vergeben und Verteidigungsausgaben von den strengen EU-Schuldenregeln ausnehmen.

So sollen dem Plan zufolge allein in den kommenden vier Jahren insgesamt 800 Milliarden Euro mobilisiert werden.

Möglichen Krieg mit Russland vorbereiten

Zudem ist vorgesehen, Auflagen und Vorschriften für die Rüstungsindustrie zu lockern. Die Pläne sollen es auch ermöglichen, die von Russland angegriffene Ukraine künftig noch stärker militärisch zu unterstützen.

Hintergrund der Planungen ist, dass sich die EU nach Einschätzung der Europäischen Kommission umgehend auf die Möglichkeit eines großangelegten Krieges mit Russland vorbereiten muss. "Die Geschichte wird uns Untätigkeit nicht verzeihen", warnte die Kommission in einem kurz vor dem Gipfel vorgelegten Strategiepapier zur Zukunft der europäischen Verteidigung.

Player: videoTina Hassel, ARD Brüssel, zu den EU-Plänen für eine gemeinsame Verteidigung

Tina Hassel, ARD Brüssel, zu den EU-Plänen für eine gemeinsame Verteidigung

tagesthemen, 20.03.2025 21:35 Uhr

Sollte Russland seine Ziele in der Ukraine erreichen, werde das Land seine territorialen Ambitionen darüber hinaus ausdehnen. Als möglicher Zeitraum dafür wird das Jahr 2030 genannt.

Rolle der USA als Schutzmacht fraglich

Als besonders gefährlich gilt die Situation, weil US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, dass die atomare Supermacht USA künftig nicht mehr bedingungslos als Garant für Frieden in Europa zur Verfügung zur stehen wird.

In der Gipfelerklärung wird allerdings deutlich gemacht, dass die EU dennoch auf ein Überleben der NATO setzt. "Der Europäische Rat erinnert daran, dass eine stärkere und leistungsfähigere EU im Bereich der Sicherheit und Verteidigung einen positiven Beitrag zur globalen und transatlantischen Sicherheit leisten und eine Ergänzung zur NATO darstellen wird", heißt es in dem Text. Für die 23 EU-Staaten, die auch NATO-Mitglied sind, bleibe diese weiterhin die Grundlage ihrer kollektiven Verteidigung.

Scholz' vermutlich letzter Gipfel

Der scheidende Kanzler Olaf Scholz verwies in Brüssel darauf, dass in der Bundesrepublik derzeit bereits ein riesiges neues Finanzpaket für Aufrüstung geplant wird.

Es sei ein gutes Zeichen, dass der Bundestag dafür in dieser Woche eine sehr umfassende Verfassungsänderung beschlossen habe, sagte er. Diese werde die Finanzierung für die Verteidigung Deutschlands, die Zusammenarbeit in Europa und weitere Ukraine-Hilfen sicherstellen.

Ungarn schießt quer

Überschattet wurde der Gipfel von der Ankündigung Ungarns, keinerlei neue EU-Entscheidungen zugunsten der Ukraine zu akzeptieren. Wie schon beim Sondergipfel am 6. März konnte deswegen kein gemeinsamer EU-Text dazu angenommen werden.

Die ungarische Regierung begründet ihre Haltung damit, dass sie den Kurs des neuen US-Präsidenten Donald Trump unterstütze. Dieser will auch mit Druck auf die Ukraine eine Waffenruhe im Krieg erzwingen, den Russland mit seinem Angriff auf das Nachbarland im Februar 2022 begonnen hatte.

Die große Mehrheit der EU-Staaten hält Trumps Kurs allerdings für falsch und gefährlich. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson nannte das Vorgehen beim Gipfel fürchterlich.

Aufruf zu Verhandlungen in Nahost

Mit Blick auf den wieder aufgeflammten Krieg im Nahen Osten forderten die Gipfelteilnehmer eine sofortige Rückkehr zur vollständigen Umsetzung des Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der Hamas. Man "verurteile den Bruch der Waffenruhe", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Die EU-Staats- und Regierungschefs verurteilten zudem die Weigerung der radikalislamischen Hamas, die verbliebenen Geiseln freizulassen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 20. März 2025 um 21:35 Uhr.