Vorschlag für EU-Gipfel Flüchtlingszentren außerhalb der EU?
In die EU-Asylpolitik kommt Bewegung: Beim Gipfel Ende Juni soll über Flüchtlingszentren außerhalb der EU beraten werden. Das geht aus dem Entwurf der Gipfelerklärung hervor. Die Idee ist jedoch nicht neu.
Angesichts der heftig geführten Asyldebatte in Deutschland und der Querelen um das Rettungsschiff "Aquarius" wird in Brüssel nach europäischen Lösungen in der Migrationspolitik gesucht.
EU-Ratspräsident Donald Tusk nimmt nun einen seit längerem bekannten Vorschlag auf: Künftig sollen Flüchtlinge außerhalb der EU in zentralen Sammelpunkten außerhalb der EU-Staaten untergebracht werden. Dort solle darüber entschieden werden, ob sie schutzbedürftig sind. Das geht aus dem Entwurf der Erklärung für den EU-Gipfel hervor, der Ende Juni stattfindet. Der Entwurf liegt mehreren Nachrichtenagenturen vor.
"Solche Plattformen sollten eine rasche Bearbeitung erlauben, um zwischen Wirtschaftsmigranten und jenen zu unterscheiden, die internationalen Schutzes bedürfen", heißt es in dem Entwurf. Das neue Verfahren solle den Anreiz mindern, die gefährliche Überfahrt überhaupt anzutreten.
Tusk plädiert in dem Entwurf für einen "vorhersehbaren Rahmen" für Migranten, die die Überfahrt nach Europa antreten und von Rettungsmissionen aufgenommen werden. Die vorgeschlagenen Anlandepunkte sollten in enger Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) betrieben werden, heißt es in dem Papier.
Der Entwurf der Gipfelerklärung wurde zur Vorbereitung des Treffens an die Mitgliedstaaten versandt. Über den Wortlaut verhandeln nun Diplomaten aller 28 Länder.
Die Querelen um die "Aquarius" verdeutlichen, wie nötig eine Lösung in der Asylpolitik ist.
Eine alte Idee
Aufnahmezentren der EU für Asylbewerber in Afrika hatte im Dezemer 2014 bereits der damalige deutsche Innenminister Thomas de Maizière vorgeschlagen. Zur Begründung hatte er gesagt, dass die Menschen nicht auf dem Weg nach Europa sterben sollten. Er schlug vor, dass die Lager in Nordafrika vom Flüchtlingshilfswerk UNHCR verwaltet werden, um internationale Standards zu gewährleisten. Der CDU-Politiker erntete jedoch heftige Kritik für seinen Vorschlag.
Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach im vergangenen Jahr von der Idee, "Hotspots" für Flüchtlinge in Libyen einzurichten. Umgesetzt wurde dies jedoch nicht.
Aufnahmezentren in Europa?
Aufnahmezentren auf dem europäischen Kontinent schlug Anfang Juni der dänische Ministerpräsident Lars Lokke Rasmussen vor. Die Pläne dazu würden mit anderen Ländern diskutiert und seien schon "relativ weit", sagte er im dänischen Rundfunk.
"Es würde einen großen Unterschied machen, wenn man ein Lager einrichten könnte, das nicht in den attraktiven Asylländern liegt, sondern anderswo", sagte er. In welchen Ländern solche Zentren errichtet werden könnten, teilte er nicht mit. Rasmussen sagte, seine Regierung spreche mit Deutschland, den Niederlanden und Österreich über das Vorhaben.
Auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz spricht seit längerem über solche Aufnahme- oder Schutzzentren. 2017 schlug er Westbalkan-Länder wie Albanien sowie Georgien als Orte für solche Zentren vor. Albanien und Georgien streben eine Aufnahme in die EU an.
In Georgien traf dieser Vorschlag jedoch auf heftigen Widerstand, zumal es keinerlei Absprache mit der georgischen Regierung gab und im Internet falsche Informationen darüber verbreitet wurden, dass die Errichtung von Flüchtlingslagern Vorbedingung für die Gewährung der Visaliberalisierung sein solle.
In Weißrussland gibt es bereits mehrere Abschiebezentren. Dort versuchen vor allem Tschetschenen, in die EU zu gelangen.
Große Skepsis über Machbarkeit
"Es gibt viele rechtliche und praktische Hindernisse", sagt Stephen Ryan, Asylexperte der EU-Kommission der Nachrichtenagentur AFP.
Er nennt ein Problem: "Wie würde die Zahl der Menschen kontrolliert, die versuchen, in diesen Zentren Asyl zu beantragen?" Die Befürchtung: Gibt es etwa in Nordafrika nur ein oder zwei solche Lager, könnten sich schnell Zehntausende Flüchtlinge einfinden.
"Wenn es einen einfachen Wege gäbe, dies zu tun, wären solche Ideen schon früher aufgegriffen worden", sagt Ryan, der allerdings nicht für die EU-Kommission spricht.