Pandemie-Beschränkungen Wer bald in die EU darf - und wer nicht
Ende Juni läuft das weitgehende EU-Einreiseverbot in der Corona-Krise aus. Nun zeichnet sich eine Einigung darüber ab, wer bald über die Grenze darf. Eine große Rolle spielt die Zahl der Neuinfektionen.
In der EU zeichnet sich eine Einigung für geplante Lockerungen der Corona-Einreisebeschränkungen ab, die fast alle Mitgliedsstaaten Mitte März zur Eindämmung der Pandemie eingeführt hatten.
Die EU-Kommission hatte vor zwei Wochen eine schrittweise, abgestimmte Öffnung der Grenzen zu Nicht-EU-Staaten zum 1. Juli empfohlen - nun wurde auf Ebene der Botschafter ein Katalog mit Voraussetzungen erarbeitet, den die Staaten erfüllen müssen, damit von dort eingereist werden darf.
Infektionsgeschehen, Trend, Plausibilität
Als Grundkriterium dient demnach, dass die Fallzahlen in einem Drittstaat für eine Aufhebung der Einreiseverbote mindestens so niedrig sein müssen wie in der EU. Ein internes Ratsdokument hatte diese Woche hierfür einen Wert von 16 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner für den Stichtag 15. Juni angegeben. Diese Zahl erfasst die Infektionen der vorangegangenen 14 Tage in der EU.
Außerdem sollen der Trend des Infektionsgeschehens im gleichen Zeitraum sowie der Umgang des jeweiligen Staates mit der Pandemie ausschlaggebend sein.
Reisende aus Südkorea und Neuseeland dürften den Kriterien entsprechend hoffen. Wer aus Russland, den USA, Saudi-Arabien und Brasilien kommt, müsste sich hingegen weiterhin gedulden.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP folgt aus den Kriterien eine vorläufige Liste mit 18 Ländern, deren Bürger bald wieder in die EU einreisen könnten. Die Liste könnte alle zwei Wochen aktualisiert werden, um auf das aktuelle Infektionsgeschehen zu reagieren.
Wie kann die Verlässlichkeit der Daten bewertet werden?
Der Knackpunkt ist die Frage, welche Kriterien bei der Bewertung der Verlässlichkeit von Daten aus den Drittstaaten angesetzt werden sollen. Einige EU-Länder bezweifelten etwa, dass die Angaben aus China verlässlich das tatsächliche Infektionsgeschehen im Land abbildeten, berichtete AFP.
Möglich wäre demnach aber eine Lockerung des Einreiseverbots, falls Peking im Gegenzug ebenfalls EU-Bürger wieder ins Land lässt.
Auch über die grundsätzliche Linie bei den Lockerungen besteht den Berichten zufolge noch Uneinigkeit: Etliche südeuropäische Länder, die stark vom Tourismus abhängig sind, setzen sich demnach für eine weitgehende Aufhebung der Beschränkungen ein, während etwa Dänemark für ein möglichst vorsichtiges Vorgehen plädiere, hieß es aus Diplomatenkreisen.
Gemeinsamer Beschluss hält eigene Wege offen
Der Katalog soll im Tagesverlauf von den Staats- und Regierungschefs der EU beurteilt werden. Im Idealfall könnte schon am Montag ein Beschluss im schriftlichen Verfahren erfolgen.
Letztlich kann darüber aber jede Regierung selbst entscheiden. Schon bei der Einführung der Corona-Beschränkungen hatte etwa Irland nicht mitgezogen und kein generelles Einreiseverbot bis auf dringende Fälle verhängt.
Spanien mahnte hingegen ein abgestimmtes Vorgehen an: "Wir wollen eine Einigung, um Gesundheitsrisiken zu vermeiden", sagte Regierungssprecherin María Jésus Montero. Wenn ein Mitgliedsland Bürger aus Nicht-EU-Ländern hineinlasse, könnten die sich schließlich in der gesamten EU bewegen.
Bundesaußenminister Heiko Maas stellte sich gegen eine erneute Schließung der Grenzen im Alleingang, wie auch Deutschland sie in der Corona-Krise vorgenommen hatte. "Es ist nicht auszuschließen, dass man Grenzen wieder dicht machen muss, wenn das Infektionsgeschehen in einer bestimmten Region der EU deutlich höher ist als in einer anderen", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Europa hat in dieser Krise viel dazugelernt, über unsere Defizite, aber auch über unsere Stärken", betonte Maas. "Wir haben die Koordinierung verbessert und einander solidarisch Hilfe geleistet, in einem Tempo und einer Dimension, die es so noch nie zuvor gegeben hat."