Parlamentswahl in Estland Wahlsieg für Partei von Regierungschefin Kallas
Die Reformpartei von Regierungschefin Kallas hat die Parlamentswahl in Estland mit rund 31 Prozent deutlich gewonnen. Auf Platz zwei kam die nationalistische Ekre-Partei. Der Wahlkampf war vom Krieg in der Ukraine geprägt.
Ministerpräsidentin Kaja Kallas hat die Parlamentswahl in Estland gewonnen. Nach Auszählung aller Stimmen kam ihre moderat konservative Reformpartei auf knapp 31,2 Prozent, wie aus den in der Nacht veröffentlichten Ergebnissen hervorging. An zweiter Stelle lag die nationalistische Partei Ekre mit 16,1 Prozent. Um an der Macht zu bleiben, wird Kallas also erneut eine Koalition mit einer oder mehreren anderen Parteien schmieden müssen.
Die Reformpartei verbesserte ihr Ergebnis von vor vier Jahren (28,9 Prozent) und erhält nun 37 von insgesamt 101 Parlamentssitzen. Die Ekre-Partei (17 Sitze) und die linksgerichtete Zentrumspartei (16 Sitze) büßten jeweils einige Mandate ein. Als größter Stimmengewinner zieht die liberale Partei Estland 200 (14 Sitze) erstmals ins Parlament ein. Experten halten sogar eine Beteiligung an der Regierung für denkbar.
Bei der Wahl gab es auch wieder die Möglichkeit zur vorzeitigen Stimmabgabe über das Internet, die Estland vor einigen Jahren als erstes Land in Europa eingeführt hatte. Vom "E-Voting" machten diesmal mehr als ein Drittel aller Wahlberechtigten Gebrauch. Insgesamt wurde über die Hälfte aller Stimmen digital abgegeben - ein Rekord. Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben der Wahlkommission bei 63,7 Prozent.
Fortführung der aktuellen Koalition offen
Kallas führt gegenwärtig eine Dreierkoalition mit den Sozialdemokraten (neun Sitze) und der konservativen Partei Isamaa (acht Sitze) an, die beide Mandate verloren. Ob sie das Bündnis fortführen oder sich neue Koalitionspartner suchen wird, ließ die Regierungschefin zunächst offen. Vorher sollen parteiintern alle Optionen besprochen werden.
"Der Wähler erwartet, dass die Reformpartei die Führung in der neuen Regierung übernimmt. So viel steht fest", sagte Kallas in der Wahlnacht und bedankte sich bei den Esten für das entgegengebrachte Vertrauen. Mit mehr als 31.000 Stimmen in ihrem Wahlkreis stellte sie einen Rekord auf - mehr hatte seit der Unabhängigkeit Estlands von der Sowjetunion 1991 noch niemand bekommen.
Bestimmendes Thema: Waffen für die Ukraine
Geprägt wurde die Wahl vom Streit über die Militärhilfen für die Ukraine im Krieg gegen die russischen Invasionstruppen. Kallas ist eine entschiedene Befürworterin der Waffenlieferungen, während sich Ekre gegen deren Fortsetzung ausgesprochen hat.
Estlands Militärhilfe für die Ukraine entspricht derzeit mehr als einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das ist mehr als bei jedem anderen Land gemessen an der Größe der Volkswirtschaft.
Ein weiteres wichtiges Thema bei den Wahlen war der dramatische Anstieg der Lebenshaltungskosten. Die Inflationsrate betrug im Januar 18,6 Prozent.