Demo gegen Johnson in London "No to Boris, yes to Europe"
Für einen Verbleib in der EU und gegen Boris Johnson als Premier haben Hunderte Londoner heute protestiert. Der Brexit-Befürworter Johnson gilt als Favorit für die Nachfolge Mays. Die Entscheidung fällt Dienstag.
Mit einer riesigen Boris-Johnson-Puppe am Himmel haben Demonstranten in London gegen den voraussichtlich neuen britischen Premierminister protestiert. Unter dem Motto "Nein zu Boris, Ja zu Europa" zogen sie durch die Stadt. Der Protestzug wurde von "March for Change" organisiert, einem Zusammenschluss von Gruppen, die den Verbleib in der EU befürworten.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen kamen laut der Zeitung "The Guardian" aus dem ganzen Land. Einige sprachen sich dem Bericht zufolge für ein zweites Referendum aus.
Johnson als aufblasbare Puppe - die Zahl auf der Figur spielt auf eine seiner Behauptungen vor dem Brexit-Referendum an. Er hatte behauptet, dass Großbritannien wöchentlich 350 Millionen Pfund an die EU weiterleiten müsse. Diese Summe könne man ins britische Gesundheitswesen stecken. Johnson verschwieg, dass das Land einen großen Teil seiner Beiträge - etwa für die Landwirtschaft - zurückbekam.
Die Johnson-Puppe "sieht vielleicht ein bisschen nach unbeschwertem Spaß aus, aber sie hat eine ernsthafte Botschaft", sagte Tom Brufatto, einer der Organisatoren. Die aufblasbare Boris-Puppe namens "Baby Blimp" erinnert an "Baby Trump", eine riesige Figur am Himmel, die den US-Präsidenten Donald Trump während seines Besuchs in London im vergangenen Monat verspottete. In Großbritannien wird mit dem Wort "Blimp" sowohl ein Luftschiff als auch ein selbstgefälliger Erzkonservativer bezeichnet.
Die Stimmung war laut "Guardian" friedlich. Auch Prominente wie der Sänger Billy Bragg waren unter den Demonstranten.
Der 350-Millionen-Pfund-Vorwurf
Der Schriftzug "350 Millionen Pfund" auf der Puppe spielt auf eine Kampagne an, mit der Johnson Wähler beim Brexit-Referendum in die Irre geführt haben soll. Er hatte damals behauptet, dass das Vereinigte Königreich wöchentlich 350 Millionen Pfund (knapp 400 Millionen Euro) an die EU weiterleiten müsse.
Dieses Geld könne besser in den staatlichen Gesundheitsdienst NHS investiert werden. Was Johnson jedoch verschwieg: Großbritannien erhält einen erheblichen Teil seiner Beiträge zurück, etwa für die Landwirtschaft.
Johnson haushoher Favorit für Premierministeramt
Am Dienstag gibt die Konservative Partei bekannt, wer der Nachfolger der scheidenden Premierministerin Theresa May wird. Haushoher Favorit ist Johnson, dem viele zutrauen, enttäuschte Brexit-Wähler wieder ins Boot zu holen. Seinem Konkurrenten, Außenminister Jeremy Hunt, werden kaum Chancen eingeräumt. Bereits am Mittwoch soll der neue Premierminister May dann ablösen.
Johnson will Großbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union führen - "komme, was wolle". Er droht Brüssel auch mit einem ungeordneten Austritt.