Referendum zur EU-Kooperation Dänemark geht auf Distanz zu Europa
Weniger Europa, mehr Selbstbestimmung - das ist das Signal, das von dem Referendum in Dänemark ausgeht. Mit knapper Mehrheit stimmten die Bürger gegen eine weitere Kooperation mit der EU. Treibende Kraft war die rechtspopulistische Volkspartei.
Kristian Thulesen-Dahl hat gut lachen. Der Chef der Dänischen Volkspartei spricht von einem fantastischen Abend. Die Rechtspopulisten haben sich bei der Volksabstimmung durchgesetzt. Eine Mehrheit von gut 53 Prozent hat es abgelehnt, die Kooperation mit der EU in vielen Bereichen fortzusetzen. "Das zeigt: Wenn man als kleines Land gesehen wird, dann kann man stolz sein und eine Menge erreichen. Ein Land, das selbst bestimmen kann, welche Rolle es in der europäischen Zusammenarbeit spielen möchte."
Eigentlich mögen die Dänen ja Europa. Die meisten denken, dass es besser ist dabei zu sein. Aber bitte nicht zu viel davon. Immer wenn nationale Symbole ins Spiel kommen, wie die eigene Währung oder die Sicherheit der eigenen Grenzen wird es kompliziert.
22 Verträge zur Abstimmung
Beim Referendum gestern stand die Innen- und Justizpolitik zur Abstimmung. 22 EU-Regeln - unter anderem über die Zusammenarbeit mit der europäischen Polizeibehörde Europol. Aber auch die vollständige Mitgliedschaft im Schengen-Raum, das Sorgerecht, Erbrecht und der Kampf gegen Cyberkriminalität waren Thema. Viele Dänen haben dabei den Überblick verloren, was sie eigentlich entscheiden sollten.
Zum Nein-Lager gehörten nicht nur die Rechtspopulisten, sondern auch die sozialistisch-grüne Einheitsliste. Deren Chefin Pernille Skipper hat für das Nein eine Erklärung: "Ich glaube, dass ganz viele Menschen verstanden haben, dass es hier um weit mehr geht als nur Europol. Das, was auf dem Tisch lag, war die Abgabe der Selbstbestimmung. Das war ein Blankoscheck für die Politiker mehr und mehr Selbstbestimmung abzugeben ohne die Bevölkerung zu fragen."
Taktik der Befürworter gescheitert
Die Taktik des Ja-Lagers um die liberale Regierung von Ministerpräsident Lars Loekke Rasmussen ist nicht aufgegangen. Sie hatten versucht die Abstimmung auf die Zusammenarbeit mit Europol zu begrenzen. Doch die Dänen interessieren sich momentan mehr für die Flüchtlingspolitik als Polizeiabkommen. Welche Rolle die Asylpolitik bei der Abstimmung gespielt hat, lässt sich schwer sagen. Loekke Rasmussen hatte wieder und wieder betont: Egal was beim Referendum herauskommt: die Asylpolitik bleibt wie sie ist.
Gerade hat das Parlament im Eiltempo beschlossen, abgelehnte Asylbewerber nach einer Woche abzuschieben. Die Polizei darf Menschen länger als 72 Stunden ohne Anklage festhalten. Bis Weihnachten sollen weitere Punkte beschlossen werde. Besonders umstritten: Flüchtlingen sollen ihre Wertgegenstände abgenommen werden, um davon Unterbringung und das Asylverfahren zu bezahlen.
Bei dem strikten Kurs dürfte es bleiben. Loekke Rasmussen hat keine Mehrheit im Parlament und braucht die Dänische Volkspartei für die Umsetzung seiner Vorhaben. "Meine Schlussfolgerung ist, dass das Nein ein Ausdruck starker EU-Skepsis ist", erklärte der Ministerpräsident den Ausgang des Referendums. "Es resultiert aus der Unsicherheit darüber, was aus einem Ja folgen würde. Dafür habe ich Respekt."
Kooperation mit Europol läuft aus
Wichtigste Folge des dänischen Nein: Die grenzüberschreitende Kriminalitätsbekämpfung mit Europol wird auslaufen. Loekke Rasmussen will jetzt nach Alternativen suchen. "Ich bin immer noch überzeugt, dass wir Teil des Einsatzes gegen grenzüberschreitende Kriminalität und Terrorismus sein sollten. Wir müssen respektieren, dass die Dänen einen Sonderweg gehen wollen und müssen jetzt ein Parallelabkommen schließen, damit Dänemark Teil der Zusammenarbeit bleiben kann."
Ob das so einfach möglich ist, ist unklar. In jedem Fall wird es lange dauern. Denn EU-Kommission, alle Mitgliedsländer und das Europäische Parlament müssten zustimmen - und bei so viel Europa wird es für die Dänen wieder kompliziert.