Pandemie in den USA Angst vor der zweiten Corona-Welle
20.000 US-Bürger sind bislang am Coronavirus gestorben - es könnten noch zehnmal so viele werden. Die Gouverneure vieler Staaten befürchten, dass Präsident Trump die Beschränkungen zu früh lockert.
Ein gewaltiges gemeinsames Jaulen - von Kalifornien über Colorado bis nach New York, als Zeichen der Solidarität und Ausdruck der Verzweiflung: Täglich um 20 Uhr schreien sich derzeit Tausende Amerikaner von Balkonen und aus Fenstern den Frust aus der Seele. Abend für Abend wird kollektiv geheult.
Rund 20.000 US-Bürger sind bislang am Coronavirus gestorben - und es könnten noch zehnmal so viele werden. Gleichzeitig wird heftig darüber debattiert, wann die stark angeschlagene US-Wirtschaft wieder anrollen könnte.
US-Präsident Donald Trump würde die Schutzmaßnahmen am liebsten bereits zum 1. Mai lockern. Derweil breitet sich die Pandemie immer weiter aus: Nach New York wird nun der Nachbarstaat New Jersey zum Hot Spot.
Gouverneure gegen frühe Lockerung
Ein Rückkehr zur Normalität wäre großartig, sagte der Gouverneur von New Jersey, Phil Murphy heute auf CNN: "Aber wir müssen die Dinge in der richtigen Reihenfolge machen. Erst muss sich unser Gesundheitssystem erholen, dann erst kann sich unsere Wirtschaft erholen. Und ich fürchte, wenn wir die Schutzmaßnahem zu früh lockern, dann gießen wir Öl ins Feuer."
Das ist die große Sorge der meisten Gouverneure, in deren Bundesstaaten das Coronavirus noch gar nicht richtig angekommen ist: dass Präsident Trump die Schutzmaßnahmen zu früh aufhebt, um den totalen Kollaps der Wirtschaft zu verhindern - und so auch seine Wiederwahl zu sichern.
Experten befürchten für den Fall eine zweite, womöglich sehr viel heftigere Welle im Sommer. Gleichzeitig breitet sich das Virus weiter aus. In Washington, D.C. werde der Höhepunkt der Epidemie erst im Juni erwartet, sagt die Bürgermeisterin Muriel Bowser: "Unsere Bürger bleiben zuhause und helfen so, die Kurve abzuflachen."
Afroamerikaner und Latinos besonders betroffen
Ganz anders sieht es in anderen Landesteilen aus: In New Orleans sind die Krankenhäuser überfüllt, es fehlt an Beatmungsgeräten und Schutzkleidung für das medizinische Personal. Ähnlich geht es Städten wie Detroit in Michigan. Der gesamte mittlere Westen bereitet sich auf einen drastischen Anstieg an Infizierten vor.
In Chicago seien mehr als 70 Prozent der Corona-Toten Afroamerikaner und Latinos, beklagt Bürgermeisterin Lori Lightfoot im Fernsehsender MSNBC: "In Chicago kommen Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und obere Atemwegserkrankungen vor allem bei Schwarzen und Latinos vor. Und das Virus attackiert diese Vorerkrankungen mit aller Macht."
Lightfoot erließ besonders strenge Ausgangsbeschränkungen: So ließ sie alle Strände entlang des Lake Michigan sowie alle Parks in Chicago sperren.
Chicagos Bürgermeisterin Lori Lightfoot trägt einen Mundschutz mit der Aufschrift "Stay home", "bleibt zu Hause".
Einige Kirchen trotzen den Ausgangsbeschränkungen
Trotz der strengen Ausgangsbeschränkungen gibt es fast überall im Land eine Handvoll Kirchen, die sich gegen das Versammlungsverbot an Ostern sträuben.
"Satan und das Virus werden uns nicht stoppen", sagte Reverend Toni Spell aus Baton Rouge in Louisiana und lud 2000 Gläubige zu seinem Ostergottesdienst ein. Die meisten Christen jedoch verfolgten die Ostermessen im Internet - und die die Kirchen blieben leer.
Menschen versammeln sich bei Sonnenaufgang vor dem Mount-Davidson-Kreuz in San Francisco. Offiziell wurden Ostergottesdienste in Kirchen in der Corona-Pandemie abgesagt.