China Vier Jahre Haft für Corona-Bloggerin
Während des Corona-Lockdowns berichtete sie in kurzen Online-Videos kritisch aus Wuhan - die chinesische Bloggerin Zhang Zhan muss wegen "Unruhestiftung" nun vier Jahre ins Gefängnis.
Die chinesische Bloggerin Zhang Zhan ist von einem Gericht in Shanghai zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil erging bei einem nur kurzen Gerichtstermin, wie einer ihrer Anwälte mitteilte. Sie war in dem Verfahren beschuldigt worden, "Streit geschürt und Unruhe gestiftet" zu haben.
Während der Zeit des harten Corona-Lockdowns von Wuhan war Zhang Zhan vor Ort in der zentralchinesischen Millionenmetropole, in der die weltweite Covid-19-Pandemie begonnen hatte
Mehrere Wochen lang produzierte sie dort kurze Online-Videos: In diesen Mini-Reportagen sprach sie unter anderem über Alltagsprobleme in Krankenhäusern, über Korruption in staatlichen Stellen und andere Missstände während des Covid-Lockdowns in Wuhan. Im Mai war die studierte Juristin von der chinesischen Polizei festgenommen und inhaftiert worden.
Monatelanger Hungerstreik
Zhangs Gesundheitszustand ist nach Angaben ihrer Anwälte "extrem schlecht". Wie die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" berichtete, musste sie im Rollstuhl in den Gerichtssaal gebracht werden. Sie war im Juni in einen Hungerstreik getreten und wurde zwangsernährt. Sie habe "bestürzt" gewirkt, als das Urteil gegen sie ergangen sei, sagte Zhangs Anwalt Ren Quanniu nach dem Prozessende. Ihre Mutter habe bei der Verlesung des Strafmaßes laut geschluchzt. Seine Mandantin glaube, dass sie im Gefängnis sterben werde.
Als er sie vergangene Woche besucht habe, habe sie gesagt, dass sie es "bis zum Ende" ablehnen werde zu essen, falls sie eine hohe Strafe erhalte, sagte Ren. "Es ist eine extreme Methode des Protests gegen diese Gesellschaft und diese Lebenswelt." Ein weiterer Verteidiger sagte, Zhang fühle sich "psychisch erschöpft". Jeder Tag sei "wie Folter" für die 37-Jährige.
Zahlreiche Bürgerjournalisten inhaftiert
Zhang ist nur eine von mehreren so genannten Bürgerjournalisten, die von den chinesischen Behörden in den vergangenen Monaten zum Schweigen gebracht wurden. Seit dem Frühjahr wurden in China zahlreiche ähnliche Fälle bekannt. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte die chinesische Führung auf, unrechtmäßig inhaftierte Journalisten freizulassen. Die Probleme, die es in China gebe, würden nicht einfach dadurch verschwinden, dass man Journalisten und Aktivisten einsperre, erklärte die China-Expertin von Human Rights Watch, Wang Yaqiu.
2020 hat sich die Lage für Journalistinnen und Journalisten in China erneut massiv verschlechtert. Quasi alle Medien in China stehen unter der Kontrolle der Kommunistischen Partei. Diese versucht vermehrt, ihr Narrativ vom perfekt abgelaufenen Corona-Management auch im Ausland zu verbreiten - zum Beispiel durch geschönte Social-Media-Berichte auf Facebook und Twitter und durch die Arbeit staatlicher chinesischer Medienagenturen. Diese versuchen etwa in Europa, mit unkritischen Berichten über Chinas Covid-Management Sendezeit und Einfluss zu erlangen.
Unabhängige Pressearbeit wird erschwert
Auch für ausländische Journalistinnen und Journalisten ist die Arbeit in China in diesem Jahr deutlich schwieriger geworden. Einschränkungen, Verfolgung und Belästigung durch Sicherheitsbehörden haben zugenommen. Mehr als ein Dutzend ausländische Reporter hat Chinas Führung 2020 ausgewiesen. Neue Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten lässt die kommunistische Führung de facto nicht mehr einreisen. Auch in Deutschland warten mehrere Journalisten seit Monaten vergeblich auf entsprechende chinesische Pressevisa.
Zunehmend schwieriger wird auch die Lage für chinesische Journalisten, die für ausländische Medienunternehmen in China arbeiten. Anfang Dezember nahm die Polizei in Peking eine Mitarbeiterin der US-Nachrichtenagentur Bloomberg fest. Der Vorwurf: Sie habe die nationale Sicherheit gefährdet.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen listet China auf ihrer Rangliste der Pressefreiheit ganz hinten, auf Rang 177 von 180 Staaten weltweit. Weniger Pressefreiheit als in China gibt es demnach nur in Eritrea, Turkmenistan und Nordkorea.