Britischer Premier zur EU Für Cameron ist weniger mehr
Großbritanniens Wohlstand und Einfluss - darum geht es dem britischen Premier Cameron in der EU. Beim Parteitag seiner Konservativen wurde aber auch klar, dass andere Parteifreunde eine noch härtere Linie wollen.
Von Jens-Peter Marquardt, ARD-Hörfunkstudio London
David Cameron kämpft für ein Großbritannien in der Europäischen Union, aber in einer reformierten EU: "Wir wissen doch alle, was in der EU falsch läuft. Sie ist zu groß geworden, zu sehr von oben herab, sie mischt sich zu stark ein. Aber wir wissen doch auch, was richtig an ihr ist: Sie ist der größte Markt in der Welt. Einige sagen, nimm' die EU doch, wie sie ist. Andere sagen, lass' uns einfach rausgehen. Ich sage nein, das ist Großbritannien, wir scheuen den Kampf nicht, wir nehmen den Kampf auf und lösen die Probleme."
Das ist Camerons Strategie. Von den Euroskeptikern in seiner Partei dazu gezwungen, die Briten über die Mitgliedschaft abstimmen zu lassen. Aber gleichzeitig mit einer EU-Reform in dieses Referendum zu gehen, die die Briten zu einem Ja zur Europäischen Union bringt.
"Glauben Sie mir, ich habe keine romantischen Gefühle für die EU. Mich interessieren nur zwei Dinge: Großbritanniens Wohlergehen und Großbritanniens Einfluss. Deshalb kämpfe ich so hart um einen besseren Deal für unser Land", betont Cameron.
Kein Interesse an engerer Union
Das Problem ist allerdings, dass Cameron in den Verhandlungen mit den EU-Partnern bisher nicht viel erreicht hat, eher im Gegenteil: Die anderen Mitglieder, vor allem die der Euro-Zone, zu der Großbritannien nicht gehört, arbeiten daran, eine immer engere politische Union zu schaffen. Die Briten wollen das Gegenteil. Sie wollen, dass weniger in Brüssel und wieder mehr in den nationalen Parlamenten entschieden wird.
"Als wir der Europäischen Union beitraten, war das ein gemeinsamer Markt. Von einer immer engeren Union war nicht die Rede. Lassen Sie mich das klar stellen. Großbritannien hat kein Interesse an einer immer engeren Union."
Cameron hat angekündigt, dass er in fünf Jahren keine dritte Amtszeit anstreben wird. Deshalb nutzten seine möglichen Nachfolger diesen Parteitag bereits, um sich die Pole-Position im Rennen um seine Nachfolge zu sichern.
Während Cameron bewusst ist, dass er bis zum Referendum im Jahr 2016 oder 2017 nicht die EU-Verträge ändern kann, legten zwei seiner möglichen Nachfolger die Latte höher: Innenministerin Theresa May und Londons Noch-Bürgermeister Boris Johnson.
EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit in Frage gestellt
Beide rüttelten in Manchester am Prinzip der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU, Theresa May sagte, es kämen zu viele aus Europa nach Großbritannien. Deshalb müssten die Regeln geändert werden, so die Innenministerin, die damit ihren Premierminister weiter unter Druck setzte.
Denn die Arbeitnehmerfreizügigkeit steht für die anderen EU-Mitgliedstaaten nicht zur Disposition. Camerons Ziel ist deshalb bescheidener: Er will in Großbritannien die Sozialleistungen für Zuwanderer aus der EU einschränken und hofft dafür auf Zustimmung, zum Beispiel aus Berlin. Am Freitag will er mit Angela Merkel auf seinem Landsitz Chequers darüber sprechen.