Bilanz der Bush-Präsidentschaft "Tote Ente" ohne Einfluss und Vertrauen
Am Ende seiner achtjährigen Amtszeit steht US-Präsident Bush vor einem Scherbenhaufen. Außenpolitisch ist das Land weitgehend isoliert, die Kluft zwischen Armen und Reichen in den USA hat sich vergrößert, Bushs Beliebtheitswerte erreichen ein Rekordtief.
Von Carsten Schmiester, NDR-Hörfunkstudio Washington
George W. Bushs Präsidentschaft stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Die Wahl hatte er nach Stimmen hauchdünn gegen den Demokraten Al Gore verloren. Erst als der Oberste Gerichtshof das Nachzähldrama von Florida stoppte, stand seine Wahl zum "Commander In Chief" fest. Die ersten Monate der Amtszeit verliefen dann ereignislos. Bush stand im wenig schmeichelhaften Ruf, sich im Oval Office nicht gerade zu überarbeiten. Bis zum 11. September 2001. Die schrecklichen Terroranschläge in New York und Washington markierten den dramatischen Wendepunkt.
Kurz danach stand Bush inmitten von Feuerwehrleuten, Rettungs- und Bergungsspezialisten auf den Trümmern des World Trade Centers. Er ließ dabei ahnen, was kommen sollte. "Ich höre euch, der Rest der Welt hört euch. Und diejenigen, die diese Türme zu Fall gebracht haben, werden bald von uns hören", sagte er.
"Die Terrorgefahr ist nicht vorbei"
Kriegspläne wurden geschmiedet und zu Hause gab es erst einmal den "Patriot Act", ein Überwachungsgesetz zum Schutz vor neuen Terroranschlägen, das Kritikern zufolge die bürgerlichen Freiheiten von Amerikanern und einreisenden Ausländern in unzulässiger Weise einschränkte. Bush sah das anders und warb 2005 für die am Ende auch beschlossene Verlängerung des Gesetzes, das eigentlich nach vier Jahren hatte auslaufen sollen. "Der Patriot Act hat die Freiheiten nicht beschnitten, er hat geholfen, sie zu verteidigen", erklärte der US-Präsident. "Ich sage dem Kongress dies: Die Terrorgefahr ist nicht vorbei, wir brauchen den Schutz dieses Gesetzes."
Dann machte die Bush-Administration ernst und begann den "Krieg gegen den Terror" zunächst in Afghanistan und Ende März 2003 dann im Irak. Die Begründung: Sadam Hussein unterstütze das Al-Kaida-Netzwerk. "Das Regime", so Bush damals, "verfügt über einige der tödlichsten Waffen, die je entwickelt worden sind." Diese Massenvernichtungswaffen wurden aber nie gefunden, ebensowenig wie Beweise für Terrorunterstützung.
Ansehen der USA beschädigt
Und noch eine Fehleinschätzung, die Bushs Kritiker eine glatte Lüge nennen: Am 1. Mai 2003 verkündete der Präsident auf einem US-Flugzeugträger im Persischen Golf, der Auftrag sei ausgeführt. "Der Irak ist frei." Er war und ist aber noch immer nicht sicher. Im andauernden Kampf gegen den antiamerikanischen Widerstand sind bislang mehr als 4000 US-Soldaten gefallen und wesentlich mehr Zivilisten ums Leben gekommen. Der "Krieg gegen den Terror" im Irak wird inzwischen von der deutlichen Mehrheit der Amerikaner als Fehler gesehen. Er hat das Ansehen der USA nicht nur im Nahen und Mittleren Osten beschädigt.
Die Internierung mutmaßlicher Terroristen im Lager Guantanamo Bay auf Kuba, denen man den Schutz der Genfer Kriegsgefangenenkonvention verweigert, hat ebenso dazu beigetragen wie der Folterskandal im Abu-Ghraib-Gefängnis von Bagdad. Gefangene waren von ihren Wächtern misshandelt und dabei fotografiert worden. Die Bilder schockierten 2004 die Welt und zwangen den Präsidenten, das eigentlich Selbstverständliche wieder und wieder zu beteuern: "Diese Regierung foltert nicht und hält sich zu Hause und im Ausland strikt an internationale Übereinkommen."
Schlechtes Krisenmanagement kostet das Vertrauen
Der nächste Rückschlag für Bush kam im August 2005. Hurrikan "Katrina" verwüstete den Süden der USA. New Orleans stand unter Wasser, mehr als 1500 Menschen starben, Zehntausende Überlebende warteten tagelang vergeblich auf die Hilfe des völlig überforderten Staates. "Wir werden aus diesen Fehlern lernen und das amerikanische Volk künftig besser schützen", versprach Bush kleinlaut. Er hat sich nie wieder vom damals erlittenen Vertrauensverlust erholt. Seine Beliebtheit bei den Amerikanern ging immer weiter zurück. Sie liegt jetzt bei nur noch 30 Prozent - ein Negativrekord. Mehr als zwei Drittel der Leute im Land sehen Bushs Präsidentschaft ebenso kritisch wie viele Menschen weltweit.
Außen- wie klimapolitisch stehen die USA international einigermaßen isoliert da und auch im eigenen Land ist die Kluft zwischen "denen da in Washington" und dem Durchschnittsbürger, dem "average Joe", größer geworden. Noch immer sind fast 50 Millionen Amerikaner ohne Krankenversicherung, Arbeitsplätze gehen verloren, die Lebenshaltung wird teurer. Immer mehr können sich immer weniger leisten. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft weit auseinander. Erst die Energie- und dann die Finanzkrise haben das Vertrauen in die Regierung weiter erschüttert. Bushs demonstrative Zuversicht hat daran nichts ändern können, man glaubt ihm nicht mehr.
"Bush kann es mit der größten Niete aufnehmen"
Erst warb er für den milliardenteuren Rettungsplan seines Finanzministers Paulson. "Ich bin sicher, dass dieser Plan zur Wiederherstellung der Stärke und Stabilität unserer Wirtschaft führt", sagte Bush. Kurz darauf scheiterte dieser Plan dann aber erst einmal krachend im Repräsentantenhaus.
Viele sahen das als weiteren Beweis dafür, dass Bush nicht nur am Ende seiner Amtszeit wie viele Vorgänger die berühmte "lame duck" ist, die politisch lahme Ente, sondern eine "dead duck", eine "tote Ente" ohne jeden Einfluss. Jemand, an den man sich erinnern wird als einen der schwächsten US-Präsidenten der Geschichte, so die Washingtoner Reporterlegende Helen Thomas, die seit Kennedys Tagen aus dem Weißen Haus berichtet. Bush könne es selbst mit der bislang größten Niete Richard Nixon aufnehmen, meint sie. "Nixons sogenanntes 'Verbrechen' war der Missbrauch der Regierungsmacht", sagte Thomas. "In diesem Fall ist der Mittlere Osten in Brand gesetzt worden. Sie haben den Schrecken dorthin gebracht. Wir haben so viele unschuldige Menschen getötet."