CEU in Budapest Die Soros-Uni gibt auf
Lange hielt sie dem Druck der ungarischen Regierung stand - nun gibt sich die vom US-Milliardär Soros gegründete Zentraleuropäische Universität in Budapest geschlagen: Der Großteil des Lehrbetriebs wird nach Wien verlegt.
Aus für die Zentraleuropäische Universität (CEU) in Budapest: Auf Druck der rechtsnationalen Regierung verlegt die von dem ungarischstämmigen US-Philantropen George Soros gegründete Lehranstalt nach 26 Jahren den Großteil ihres Lehrbetriebs nach Wien. Die Universität sehe sich "gezwungen", die ungarische Hauptstadt zu verlassen, teilte die englischsprachige Privatuniversität mit. Ab September sollen die internationalen Studiengänge, denen die Universität ihren guten Ruf verdankt, nur noch in der österreichischen Hauptstadt angeboten werden.
"Das ist ein dunkler Tag für Ungarn, ein dunkler Tag für die akademische Freiheit in Ungarn", sagte CEU-Rektor Michael Ignatieff in Budapest vor Journalisten. Die CEU war der Regierung wegen ihres dort herrschenden liberalen Geistes ein Dorn im Auge. Zudem nutzt Ministerpräsident Viktor Orban den CEU-Gründer Soros seit Jahren als Feindbild.
Der US-Milliardär George Soros gründete die CEU im Jahr 1991.
Kritik aus Brüssel und Deutschland
Aus Brüssel und Deutschland kam scharfe Kritik. Die EU-Kommission reagierte "zutiefst besorgt". Man habe schon am 7. Dezember 2017 wegen des ungarischen Hochschulgesetzes beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen Ungarn eingereicht, hieß es in einem Statement aus Brüssel. Auf Antrag der EU-Kommission wolle das Gericht dieses Verfahren nun beschleunigen.
Aus der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch die ungarische Regierungspartei Fidesz gehört, kam eine scharfe Rüge. "Es ist inakzeptabel, dass eine Universität in der EU wegen ihres Lehrplans gezwungen wird umzuziehen", twitterte der EVP-Fraktionsvorsitzende im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU). Der Grünen-Hochschulexperte Kai Gehring rief die Bundesregierung dazu auf einzuschreiten, statt "die Stirn in Sorgenfalten zu legen und ansonsten Orban gewähren zu lassen". Orbans Sprecher bezeichnete den Rückzug der CEU als "Bluff".
Umstrittenes Hochschulgesetz
Der Fortbestand der CEU in Budapest stand wegen eines umstrittenen Hochschulgesetzes der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban schon länger auf der Kippe. Ein im April 2017 verabschiedetes Hochschulgesetz beschränkt die Befugnis von Universitäten mit Hauptsitz außerhalb der EU ein, ungarische Abschlüsse zu verleihen. Die Lehranstalt muss außerdem in ihrem Heimatland ebenfalls eine Lehrtätigkeit ausüben und es muss für den Betrieb in Ungarn ein bilaterales Abkommen auf Regierungsebene geben.
Im Fall der CEU wäre das ein Abkommen zwischen dem US-Staat New York und der ungarischen Regierung gewesen. Das Abkommen war nach Angaben der CEU seit Monaten unterschriftsreif ausgehandelt, jedoch weigerte sich Budapest, es zu unterschreiben. Außenminister Peter Szijjarto behauptete, dass die CEU eine Bedingung nicht erfülle, nämlich die Lehrtätigkeit in den USA. Dazu erklärte Ignatieff, Ungarn missachte amtliche Befunde des Partnerlandes USA. Die akademischen Behörden in New York hätten bestätigt, dass die CEU im New Yorker Bard College einen eigenen Lehrbetrieb eröffnet habe. "Dieses Spiel muss aufhören", sagte Ignatieff nun. "Sie wollten uns das Leben hier so schwer wie möglich machen."
Sorge wegen der FPÖ
Ende November waren rund 2000 Studenten für den Erhalt der Universität auf die Straße gegangen. Nun gibt sich die Hochschule aber geschlagen: Neue Studenten, die US-Abschlüsse anstreben, können sich ab Herbst 2019 nur noch in Wien einschreiben. Studierende können aber ihr Studium in Budapest beenden. Der Teil der Universität, der ungarische Diplome vergibt, soll zudem in Budapest bleiben.
Vor allem die US-Diplome hatten die CEU für Tausende Studenten aus aller Welt attraktiv gemacht. Die Zentraleuropäische Universität besteht offiziell aus zwei Institutionen: der CEU, die US-Diplome vergibt, und der KEE, die ungarische Zeugnisse erteilt. Dieses doppelte Diplomsystem nahm Ungarns Regierung nun zum Anlass, den Wahrheitsgehalt der Umzugsankündigung infrage zu stellen. "Die Soros-Universität zieht so sehr um, dass sie dableibt", sagte Regierungssprecher Istvan Hollik, zumal ein bedeutender Teil des Lehrbetriebs in Budapest bleibe.
CEU-Rektor Ignatieff rechnet mit einem guten Neustart in Wien, zumal er dazu eine Zusage des Bundeskanzlers Sebastian Kurz habe. Auf die Frage, ob ablehnende Äußerungen der in Österreich mitregierenden rechtspopulistischen Partei FPÖ ein Problem werden könnten, sagte der CEU-Rektor: "Es gibt Parteien in Österreich, die eine schwierige Beziehung zu uns haben." Österreichs Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) begrüßte den Umzug der CEU als Aufwertung des Wissenschaftsstandorts Wien. Michael Ludwig, Bürgermeister der österreichischen Hauptstadt, übermittelte der CEU ein "Herzliches Willkommen", zumal diese sich "ihre Entscheidung, Budapest zu verlassen, nicht leicht gemacht" habe.