Weißbuch zum Brexit Fahrplan zum EU-Austritt liegt vor
Großbritannien wird die EU verlassen. Das untermauert das Weißbuch, das Brexit-Minister Davis nun vorgestellt hat. Das Dokument bestätigt im Wesentlichen, was Premierministerin May bereits angekündigt hatte. Die Opposition reagierte empört.
Von Jens-Peter Marquardt, ARD-Studio London
Die britische Regierung hat ihren Plan für den Austritt aus der Europäischen Union vorgelegt. Der zuständige Minister Davis sagte vor dem Parlament in London, Großbritannien wolle eine neue konstruktive Partnerschaft mit der EU: "Das Vereinigte Königreich wird den Europäischen Binnenmarkt verlassen. An Stelle dessen suchen wir eine neue, mutige Partnerschaft, einschließlich eines ambitionierten Freihandelsabkommens, das zum Nutzen beider Seiten einen möglichst zoll- und barrierefreien Handel ermöglicht."
Briten verhandeln bereits weltweit Handelsabkommen
Großbritannien wird auch die Zollunion verlassen, zu der außer den EU-Mitgliedern unter anderem auch das Nicht-Mitglied Türkei gehört. Erst der Austritt aus der Europäischen Zollunion ermöglicht es den Briten, eigene Handelsabkommen mit anderen Ländern außerhalb der EU zu schließen.
Die britische Regierung sei bereits weltweit dabei, Vorgespräche über solche Abkommen aufzunehmen, könne sie aber natürlich erst unterzeichnen, wenn der Austritt aus der EU perfekt sei, so Davis.
Minister David Davis stellte das Weißbuch zum EU-Austritt vor.
Auch der Besuch der britischen Premierministerin bei US-Präsident Donald Trump diente bereits dem Ziel, möglichst bald ein britisch-amerikanisches Handelsabkommen abzuschließen.
Das Weißbuch macht auch klar, dass die Briten die Freizügigkeit für EU-Bürger auf der Insel beenden werden. Die britische Regierung will damit die Kontrolle über die Grenzen und die Zuwanderung zurückgewinnen.
"Riskante Strategie"
Die Opposition kritisierte das Weißbuch, nannte es eine "riskante Strategie". Labour-Sprecher Keir Starmer warf der Regierung vor, das britische Parlament zu entmachten.
Denn laut Weißbuch solle das Parlament erst über das Austrittsabkommen mit der EU abstimmen, wenn die Regierung es in Brüssel bereits unterschrieben habe, sagte Starmer: "Die Mitglieder dieses Hauses müssten dann im Fernsehen verfolgen, wie das Europäische Parlament über unser Abkommen debattiert, bevor wir dazu Stellung nehmen können. Das ist komplett inakzeptabel und herabwürdigend für dieses Haus."
Die Opposition hatte auch gehofft, dass die Regierung das weitere Aufenthaltsrecht der bereits in Großbritannien lebenden EU-Bürger schon vor Aufnahme der Austrittsverhandlungen garantieren würde.
Brexit-Minister Davis will aber erst einmal die EU dazu bewegen, im Gegenzug auch das Aufenthaltsrecht der auf dem Kontinent lebenden Briten zu garantieren: "Wir haben gegenüber den EU-Bürgern hier eine moralische Verpflichtung, aber auch gegenüber den Briten im Ausland. Wir werden beide schützen."
Gesetz zum Brexit im Unterhaus abgenickt
Das Gesetz, dass die britische Regierung ermächtigt, den Austrittsprozess zu beginnen, hatte gestern im Unterhaus die erste parlamentarische Hürde genommen. Es ist nicht zu erwarten, dass die Opposition es schafft, daran noch wesentliche Änderungen vorzunehmen. Die Premierministerin kann deshalb wohl, wie geplant, im März das Kündigungsschreiben in Brüssel übergeben – das wäre der Startschuss für die Austrittsverhandlungen.