Parlamentspräsident Bercow Kein neues Votum über alten Brexit-Deal
Eigentlich wollte die britische Premierministerin May das Unterhaus erneut über ihren Brexit-Deal abstimmen lassen. Doch daraus wird wohl nichts: Der Parlamentspräsident entdeckte eine Regel aus dem frühen 17. Jahrhundert.
Das britische Parlament kann morgen offenbar nicht ein weiteres Mal über den unveränderten Brexit-Vertrag abstimmen. Die Regierung könne dem Unterhaus nicht den selben Vorschlag vorlegen oder einen Vorschlag, der "substanziell derselbe" sei, sagte Parlamentspräsident John Bercow im Parlament. Er verwies dabei auf eine Regelung aus dem frühen 17. Jahrhundert, wonach dieselbe Vorlage nicht beliebig oft zur Abstimmung gestellt werden kann. Wenn es sich dagegen um "einen neuen Vorschlag" handele, sei "alles in Ordnung".
Ein Sprecher der Regierung wollte den Sachverhalt nicht kommentieren. Britische Medien berichten aber unter Berufung auf Abgeordnete bereits, dass Regierungschefin Theresa May die Abstimmung aus anderen Gründen erneut verschieben will. Anlass dafür seien Differenzen mit der nordirischen Partei DUP, von deren Stimmen die Regierung abhängig ist. Lange Gespräche zwischen Regierung und DUP über den sogenannten Backstop sind bislang ohne Ergebnis geblieben. Die Partei weist bislang jegliche Sonderrolle Nordirlands zurück - und damit auch die Unterstützung für das Vertragspaket der Regierungschefin.
Hardliner drängen auf Änderungen
Mittwoch ist der letzte Tag, an dem das Parlament über den Brexit-Vertrag abstimmen könnte, bevor May am Donnerstag zu einem EU-Gipfel nach Brüssel reist, auf dem sie das Staatenbündnis um eine Verschiebung des Austritts bitten wird. Der konservative Brexit-Vorreiter und Ex-Außenminister Boris Johnson drängte May, den EU-Gipfel ab Donnerstag zu nutzen, um den anderen Mitgliedstaaten mehr Zugeständnisse abzuringen. "Es wäre absurd abzustimmen, bevor das überhaupt versucht wurde", schrieb er in der Zeitung "Daily Telegraph".
May will das Unterhaus erneut über den gleichen Vertrag abstimmen - was laut Bercow rechtlich nicht möglich ist.
Zustimmung ohnehin unwahrscheinlich
Das britische Unterhaus hatte den mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag vergangene Woche zum zweiten Mal mit großer Mehrheit abgelehnt. Finanzminister Philip Hammond hatte am Sonntag gesagt, May werde eine für diese Woche geplante dritte Abstimmung nur ansetzen, wenn sich eine Zustimmung abzeichne. Doch Beobachter sehen keinen Grund, warum das Parlament den gleichen Vertrag - den es erst vor wenigen Tagen abgelehnt hatte - nun annehmen sollte.
May hatte vergangene Woche den Brexit-Hardlinern in ihrer konservativen Partei gedroht, sie werde eine lange Verschiebung beantragen, wenn das Austrittsabkommen keine Mehrheit bekomme. Bei einer Annahme wolle sie lediglich eine kurze Verschiebung, um genug Zeit für die nötige rechtliche Umsetzung auf nationaler Ebene zu haben.