May bei Merkel Hart - aber nicht hoffnungslos
Die britische Premierministerin May kämpft in der EU um Nachverhandlungen des Brexit-Abkommens. Kanzlerin Merkel zeigt sich dabei kompromisslos - und deutet dennoch eine Lösung an.
Die britische Premierministerin Theresa May versucht, der EU neue Zugeständnisse beim Brexit abzuringen. Sie sprach am Abend in Brüssel mit EU-Ratspräsident Donald Tusk. Die EU wolle May natürlich helfen, sagte Tusk nach dem Treffen - "die Frage ist nur wie". Die Unterredung mit der britischen Regierungschefin sei "lang und offen" gewesen. Anschließend traf sie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Bereits am Mittag hatte May sich in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und der neuen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer beraten.
Keine Änderungsmöglichkeiten
Merkel sprach sich bei dem Treffen offenbar erneut gegen Nachverhandlungen aus. "Wir haben gesagt, dass es keine weitere Öffnung des Austrittsabkommens gibt", sagte Merkel nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in der Unionsfraktion.
Nach ihrer Ansicht sei es ein gutes Austrittsabkommen und ein guter Text zur Ausgestaltung der künftigen Beziehungen. Ihr Bestreben sei es, dass beide Abkommen realisiert würden. Am Austrittsabkommen gebe es aus ihrer Sicht keine Änderungsmöglichkeiten.
Zusätzliche "Sicherheiten"?
Dennoch gab sich Merkel zuversichtlich, dass es eventuell doch eine Lösung geben könnte. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters signalisierte die Kanzlerin, dass die EU bereit sein könnte, über zusätzliche "Sicherheiten" zu sprechen.
Dabei geht es darum, dass Großbritannien wegen der ungeklärten Nordirland-Problematik nach 2021 nicht automatisch eine Zollunion mit der EU haben wird. Kritiker des Brexit-Abkommens befürchten, dass diese sogenannte Backstop-Lösung auch verhindern würde, dass Großbritannien nach dem EU-Austritt eigene Freihandelsverträge abschließen kann.
Juncker signalisiert Entgegenkommen
Ähnlich wie Merkel hatte sich zuvor bereits Juncker geäußert. Juncker unterstrich zwar, dass er eine Änderung des Backstops für augeschlossen hält. "Jeder muss wissen, dass der Austrittsvertrag nicht noch einmal aufgemacht wird."
Dennoch signalisierte er etwas Entgegenkommen: "Es gibt genug Spielraum, um weitere Klarstellungen und weitere Interpretationen zu geben, ohne das Austrittsabkommen noch einmal aufzumachen."
Die EU könnte May nach Darstellung von Diplomaten in einer gesonderten Erklärung zusichern, dass man gemeinsam alles versuchen werde, den Backstop niemals anzuwenden.
Auch ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zählte zu Mays Werbetour für Brexit-Nachverhandlungen.
Abstimmung im Parlament
Eigentlich hätte heute die Parlamentsabstimmung über das mit Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen stattfinden sollen. Da sich eine klare Niederlage für May abzeichnete, verschob sie die Abstimmung. Das neue Votum soll jetzt vor dem 21. Januar stattfinden.
Tusk beruft Brexit-Gipfel ein
EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte bereits nach der abgesagten Abstimmung einen Brexit-Gipfel am Rande des für Donnerstag anberaumten EU-Gipfels angekündigt. Er will die Punkte des Brexit-Deals nicht neu aufrollen, er plädierte aber dafür, auch das Szenario eines EU-Austritts Großbritanniens ohne Abkommen erneut zu diskutieren. Es ist das No-Deal-Szenario oder auch "harter Brexit" genannt.