Nach Niederlage im Parlament Johnson setzt weiter auf Neuwahl
Großbritanniens Premier Johnson läuft im Brexit-Streit die Zeit davon. Ein traditionell von der Queen veranstaltetes Wochenende auf Balmoral verlässt er vorzeitig, um eine Neuwahl doch noch durchsetzen zu können.
Boris Johnson kehrt heute nach London zurück, nachdem er die Nacht in Schottland auf Schloss Balmoral verbracht hat. Traditionell lädt die Queen den Premier im September für ein Wochenende ein, für Boris Johnson war es das erste Mal. Allerdings bricht er den Aufenthalt vorzeitig ab, um unter anderem mit seinem umstrittenen Chefstrategen Dominic Cummings über das weitere Vorgehen in der aktuellen Krise zu beraten.
Gesetz soll ungeregelten Brexit verhindern
Denn im Brexit-Streit gerät Johnson zunehmend in die Defensive: Am Freitag verabschiedete das Oberhaus ein Gesetz, das einen ungeregelten EU-Austritt Großbritanniens am 31. Oktober verhindern soll. Es sieht eine Verschiebung vor, wenn nicht bis zum 19. Oktober ein Deal ratifiziert ist. Die noch fehlende Unterschrift von Elizabeth II. wird für Montag erwartet und gilt als sicher.
Johnson hatte sich mit aller Kraft gegen das No-No-Deal-Gesetz gestemmt. Schließlich hatte er sein Amt mit dem Versprechen angetreten, das Land notfalls auch ohne Abkommen aus der EU zu führen. Nun sucht er nach einer Möglichkeit, eine Neuwahl auszulösen, um das Gesetz noch vor dem 31. Oktober wieder rückgängig zu machen. Er liege lieber tot im Graben, als eine Verschiebung der Brexit-Frist zu beantragen, hatte er gesagt.
Für den Fall, dass Johnson versuchen sollte, das Gesetz zur Brexit-Verschiebung zu umschiffen, bereiten britische Abgeordnete juristische Schritte vor. "Sich irgendeinem bestimmten Gesetz zu widersetzen stellt einen sehr sehr gefährlichen Präzedenzfall dar", sagte der frühere stellvertretende Ministerpräsident David Lidington der BBC.
Der Sender berichtete, Oppositionsabgeordnete sowie von Johnson aus der Tory-Partei geworfene konservative Parlamentarier hätten ein Team gebildet, das gegebenenfalls Klage gegen den Regierungschef einreichen solle.
Neuer Anlauf am Montag
Am Montag will der Premier erneut einen Antrag auf Neuwahl stellen, aber die Oppositionsparteien haben sich schon darauf verständigt, diesen abzulehnen. Der Premierminister will am 15. Oktober wählen lassen, um dann zwei Tage später beim EU-Gipfel mit einem Mandat für seinen Brexit-Kurs zu erscheinen.
Doch die Oppositionsparteien wollen ihm gar nicht die Möglichkeit geben, sein Versprechen auf den baldigen EU-Austritt einzulösen. Sie vereinbarten am Freitag, einer Neuwahl erst zuzustimmen, wenn ein No-Deal-Brexit am 31. Oktober vom Tisch ist.
Die Chancen für Johnsons Konservative bei einem zügigen Urnengang stünden nicht schlecht: Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts ICM zufolge würde die Conservative Party Unterhauswahlen derzeit gewinnen. Nach einer weiteren Verschiebung des EU-Austritts wäre das dagegen nicht mehr sicher, denn dann würden die Tories Stimmen an die Brexit-Partei verlieren und sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Labour liefern.