Vor Brexit-Abstimmung Die Zeichen stehen auf Neuwahlen
Gestern noch war Premier Johnson mit seinem Antrag gescheitert, heute könnte es klappen. Das Neuwahlgesetz hat die erste Hürde genommen, am Abend steht die entscheidende Abstimmung an - Labour hat bereits Zustimmung signalisiert.
In Großbritannien werden Neuwahlen immer wahrscheinlicher. Das Unterhaus hat dem Entwurf eines Neuwahlgesetzes in zweiter Lesung zugestimmt. Sollte das Gesetz am Abend die dritte Lesung passieren, wäre die Wahl im Dezember so gut wie sicher. Das Gesetz müsste dann nur noch vom Oberhaus abgesegnet werden - eine Formalie.
Premier Boris Johnson will eine vorgezogene Parlamentswahl am 12. Dezember erreichen. Die größte Oppositionspartei Labour hatte am Morgen ihren Widerstand gegen eine Neuwahl aufgegeben. Parteichef Jeremy Corbyn sagte, mit dem erneuten Brexit-Aufschub bis Ende Januar sei die "Bedingung" der größten britischen Oppositionspartei erfüllt. Die EU hat der Brexit-Verlängerung bis zum 31. Januar inzwischen auch formell zugestimmt.
Entwurf kann abgeändert werden
Der Gesetzentwurf kann allerdings in einer Hinsicht noch abgeändert werden: Unklar ist der Termin für Neuwahlen. Die Liberaldemokraten und die Schottische Nationalpartei SNP hatten sich dafür ausgesprochen, den Wahltermin auf den 9. Dezember zu legen.
Die Parteien unterstützen eine Neuwahl, wollen aber die Zeit, die Johnson für die Ratifizierung seines Brexit-Deals bleibt, möglichst verkürzen. Außerdem erhoffen sie sich von einer Wahl vor Beginn der vorlesungsfreien Zeit an der Universität mehr Stimmen junger Wähler. Sie befürchten, dass es Johnson doch noch gelingen könnte, sein Brexit-Abkommen vor einer Neuwahl durch das Parlament zu bringen und das Land aus der EU führen.
Ob sie sich mit ihrem Datum durchsetzen, dürfte davon abhängen, ob sie ausreichend Unterstützung von unabhängigen Abgeordneten erhalten. Die Labour-Partei stellte sich hinter die Forderung.
Keine Abstimmung wird es über ein Wahlrecht für EU-Bürger und Jugendliche geben. Entsprechende Änderungsanträge wurden nicht zur Abstimmung ausgewählt. Johnson, der über keine Mehrheit im Parlament verfügt, will mit der Wahl eines neuen Parlaments eine eigene Mehrheit erringen und einen Brexit nach seinen Vorstellungen durchsetzen.
Mit dem neuen Wahlgesetz möchte der Premier die eigentlich für einen vorgezogenen Urnengang notwendige Zustimmung von zwei Dritteln aller Abgeordneten umgehen. An der Hürde war Johnson am Montag bereits zum dritten Mal gescheitert, weil sich Labour weigerte zuzustimmen.