Brexit-Abstimmung im Unterhaus Auf der Suche nach einem Yes
Das britische Unterhaus konnte sich erneut auf keine Alternative zum Brexit-Vertrag von Premierministerin May mit der EU einigen. Damit herrscht weiter Unklarheit über den Brexit-Kurs des Landes.
Statt acht Mal No jetzt vier Mal No, aber immer noch kein Yes: Die Unterhausabgeordneten haben es zum zweiten Mal nicht geschafft, eine Alternative zum zwischen London und Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen zu präsentieren.
Der Antrag, nach dem Austritt in der Zollunion mit der EU zu bleiben, scheiterte immerhin nur knapp: mit 273 zu 276 Stimmen. Klarer war das Nein zum weitergehenden Binnenmarkt-2.0- Modell, das Großbritannien nicht nur in der Zollunion sondern auch im Binnenmarkt halten will: 261 Ja-Stimmen und 282 Nein-Stimmen.
Auch für ein neues Referendum gab es erneut keine Mehrheit, die Stimmendifferenz hier zwischen Nein und Ja: zwölf Stimmen. Die geringste Zustimmung fand der Antrag, die Kündigung der EU-Mitgliedschaft zurückzuziehen. Damit haben die Unterhausabgeordneten auch im zweiten Anlauf keinen eigenen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse gefunden.
Tory-Abgeordneter verlässt Partei
Nick Boles, Ex-Staatssekretär und Architekt des Binnenmarkt-2.0-Modells, stand nach der Bekanntgabe des Ergebnisses enttäuscht auf und erklärte mit zitternder Stimme seinen Austritt aus der konservativen Regierungsfraktion: "Ich habe alles gegeben, um einen Kompromiss zu finden, der unser Land aus der EU herausführt, aber die Wirtschaftskraft erhält. Ich habe es nicht geschafft, vor allem, weil meine Partei einen Kompromiss verweigert. Ich bedaure, dass ich deshalb nicht länger Abgeordneter dieser Partei sein kann."
Der britische Abgeordnete Nick Boles verkündete nach den Abstimmungen seinen Austritt aus der Konservativen Partei.
Soll Schottland unabhängig werden?
Riesenenttäuschung auch auf den Oppositionsbänken: Der Fraktionschef der schottischen Nationalisten, Ian Blackford, sah nach den Testabstimmungen nur noch einen Ausweg: die Unabhängigkeit Schottlands. "Wenn Schottland seine Zukunft als europäische Nation sichern will, dann müssen wir unser Schicksal jetzt in die eigenen Hände nehmen. Die Souveränität liegt beim schottischen Volk, nicht in diesem Parlament. Der Tag kommt, an dem wir selber über unsere Zukunft bestimmen - und zwar als unabhängiges Land."
Labour hofft noch auf Einigung...
Die Labour Party immerhin hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das Unterhaus vielleicht doch noch etwas Konstruktives zustande bringt. Oppositionsführer Jeremy Corbyn kündigte für morgen die nächste Runde der Testabstimmungen an: "Eine Option hat heute ja nur knapp verloren. Und das Abkommen der Premierministerin hat drei Mal mit einem viel größeren Abstand die Mehrheit verfehlt. Wenn die Premierministerin drei Versuche bekommt, dann sollten wir es doch auch noch einmal am Mittwoch versuchen können."
Im vierten Anlauf?
Brexit-Minister Stephen Barclay will ebenfalls nicht aufgeben und weiter für den Regierungsdeal werben. Er warnte, die Regierung müsse auf dem EU-Gipfel in der kommenden Woche, zwei Tage vor dem Austrittstermin 12. April, einen Plan vorlegen. Das könne auch ohne Teilnahme an den Wahlen zum EU-Parlament gelingen, wenn das Unterhaus doch noch bei einem vierten Versuch das zwischen London und Brüssel ausgehandelte Austrittsabkommen absegnet.
Brexit-Minister Barclay setzt auf weitere Beratungen im Kabinett.
Das Kabinett wird am Vormittag über das weitere Vorgehen beraten - vielleicht auch über die Zukunft von May.