EU-Europaminister beraten Brexit Hart an der Grenze
Zwischen Irland und Nordirland soll es künftig keine "harte Grenze" geben. Doch wie soll das gehen, wenn die Briten nicht mehr Teil der EU sind? Die Brexit-Verhandlungen kommen nicht voran.
Mit der Sommerpause dürfte das nichts werden für die Brexit-Verhandler: Weil man bei diesem Thema keine Zeit verlieren dürfe, verkündete EU-Chefunterhändler Michel Barnier, habe er die Briten eingeladen, über die komplizierteste aller Trennungsfragen kommende Woche zu verhandeln: die irisch-nordirische Grenze.
Denn bis Oktober oder November soll der Ausstiegsvertrag fertig sein. Und der muss laut Barnier zwingend eine Art eingebautes "Sicherheitsnetz" für die Irland-Frage enthalten: "Wir brauchen eine Allwetter-Versicherungs-Lösung für Irland und Nordirland - alle 27 EU-Staaten bestehen darauf."
Irland-Frage unbeantwortet
Beide Seiten hatten bereits wiederholt bekräftigt, dass es keine "harte Grenze" zwischen dem EU-Staat Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland geben werde. Doch wie man diese Grenze offen halten will, wenn die Briten nicht mehr Teil der EU sind, ist bislang eine völlig unbeantwortete Frage.
Ideen, die Trennlinie einfach zu verschieben - nämlich ins Meer zwischen Nordirland und dem übrigen Großbritannien - lehnte die britische Premierministerin Theresa May erneut ab, weil das ja das Königreich zerteilen würde. Barnier entgegnet dem: "Wir verlangen keine Grenze zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs. Aber wir brauchen Kontrollen bei Gütern, wenn Großbritannien den Binnenmarkt verlässt."
Der härteste Fall soll verhindert werden
Soweit ist also der Ausstiegsvertrag - der bis März 2019 in Kraft sein muss, um den härtesten aller Brexit-Fälle zu verhindern: den völlig unkontrollierten Ausstieg aus der EU.
Was die künftigen Beziehungen angeht, so liegt nun, wie die Europäische Union betont, immerhin etwas auf dem Tisch, über das man reden kann. Das sogenannte Weißbuch von May.
"Lassen Sie mich ein paar positive Elemente hervorheben", sagte Barnier. "Etwa den Vorschlag eines Freihandelsabkommens."
Rosinenpicken bei den Briten
So ein Abkommen kann man sich auch auf EU-Seite gut vorstellen. Allerdings bleiben viele Fragen offen: Zum Beispiel die, ob die Europäische Union sich darauf einlässt, wenn die Briten sich die Dinge am Binnenmarkt herauspicken, die ihnen genehm sind - den freien Güterverkehr - ohne aber andere Freiheiten zu akzeptieren:
Europa-Staatsminister Michael Roth gibt zu bedenken: "Wenn man einen Vorschlag auf den Tisch legt, der sich ausschließlich auf landwirtschaftliche Produkte und Waren fokussiert, muss man die Frage stellen: Was ist mit Dienstleistungen, was ist mit dem Kapital, was ist mit der Personen-Freizügigkeit?" Die müssten in den nächsten Tagen und Wochen beantwortet werden.
Erhöhter Verhandlungsdruck
Barnier verweist darauf, dass die Briten bereits angekündigt hätten, sich nicht an EU-Standards beim Gebrauch von genmanipulierten Produkten oder beim Einsatz von Pestiziden halten zu wollen: "Wir können wir da unsere Verbraucher schützen? Auf welcher Basis können wir den freien Warenverkehr zulassen?"
Beide Seiten werden noch viele Probleme zu lösen haben - innerhalb kürzester Zeit. Vorsichtshalber bereitet sich die EU-Seite längst mental auch auf den Fall vor, dass es doch im März 2019 zum härtest-möglichen Ausstieg der Briten kommt. Angenehmer Nebeneffekt: Mit solchen Plänen in der Schublade erhöht man auch den Verhandlungsdruck auf die Gegenseite.