EU berät über Bienenschutz Pestizid-Verbot oder nicht?
Vertreter der EU-Staaten beraten heute erneut über den Schutz von Bienen. Drei Pflanzenschutzmittel sollen verboten werden, die für Bienen hochgefährlich sein könnten. Der Vorschlag ist umstritten. Bleiben die Länder uneins, ist die EU-Kommission am Zug und kann ihren Verbotsvorschlag umsetzen.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Die erste Abstimmung im März hatte ein Patt ergeben: keine qualifizierte Mehrheit, also kein Beschluss. Der deutsche Vertreter im Ausschuss für Lebensmittelkette und Tiergesundheit hatte sich enthalten - eine Haltung, für die Verbraucherschutzministerin, Ilse Aigner, viel Kritik einstecken musste.
Der Grünen-Europapolitiker, Martin Häusling, sprach von intensiver Lobbyarbeit der Agrarindustrie: "Es arbeiten zwei große Firmen ganz massiv daran, diese Vorlage der Kommission zu verhindern, nämlich Syngenta und Bayer. Und ich glaube, die Bundesregierung hat sich entschieden, diesen Firmen mehr zu helfen als den Imkern und den wichtigen Bienen."
Aigner deutet "Ja" zum Verbotsvorschlag an
Aigners wortreicher Erklärungsversuch für die Enthaltung hob auf die Sorge ab, dass ein europaweites Verbot die bestehenden strengen Regeln in Deutschland aufweichen würde: "Der Bienenschutz steht bei uns sehr hoch im Kurs. Wir haben ein sehr qualifiziertes Verfahren hinsichtlich des Abriebes beim Mais durchgeführt. Es sind noch eine Reihe von offenen Fragen: wie ist es beim Wintergetreide, hier ist der Abrieb für uns noch nicht geklärt."
Nationale Standards will die EU-Kommission aber gar nicht senken, und so deutet Aigner inzwischen ein deutsches Ja zu dem Verbotsvorschlag an. Es geht um drei Pflanzenschutzmittel, so genannte Neonikotinoide. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die eigentlich eher als industriefreundlich gilt, sieht Hinweise darauf, dass diese Chemikalien ein akutes und hohes Risiko für Bienen darstellen.
Leinen: Pestizide verwirren den Orientierungssinn der Bienen
Der Umweltexperte der SPD im Europaparlament, Jo Leinen, sagt: "Es hat sich herausgestellt, dass diese Pestizide den Orientierungssinn der Bienen verwirren und sie nicht mehr zurückfinden in ihr Nest." Das wäre zumindest eine Begründung für das mysteriöse Bienensterben, von dem Imker in Europa seit Jahren berichten. Die EU-Kommission will das intensiver überprüfen. Und schlägt deshalb vor, die drei Chemikalien für zwei Jahre zu verbieten - zumindest für die Pflanzen, die für die Bienen am attraktivsten sind. Also etwa Raps und Sonnenblumen.
In Kommissionskreisen hieß es, man halte ein neuerliches Patt bei der Abstimmung für sehr wahrscheinlich. Dann, so sehen es die formalen Regeln vor, kann Verbraucherschutzkommissar, Tonio Borg, allein entscheiden und seinen Verbotsvorschlag umsetzen.