US-Präsident bei G20-Gipfel Biden braucht einen starken Auftritt
Für US-Präsident Biden muss die Teilnahme am G20-Gipfel dringend zum Erfolg werden: Er will die Führungsrolle der USA untermauern - in den Augen der Schwellenländer, aber vor allem der heimischen Wirtschaft.
Für den Sozialwissenschaftler Garret Martin, Professor an der American University in Washington, ist es ein Glücksfall, dass die globale Familie in diesem Jahr auf dem Subkontinent zusammenkommt: "Wenn es Indien gelingt - und das wird ein sehr schwieriger Balanceakt - als Brückenkopf zu fungieren zwischen dem Globalen Süden und den westlichen Industrienationen, wenn es trotz der unterschiedlichen Auffassungen in der Ukraine-Frage möglich wäre, die Schuldenlast vieler Schwellenländer zu mindern, dann wäre das ein großer Erfolg!"
Wenn hingegen keine gemeinsame Abschlusserklärung zustande käme, würde das lange im Gedächtnis bleiben.
Biden im Popularitätstief
Auch aus Washingtoner Perspektive wäre ein Schulterschluss in konfliktreicher Zeit wünschenswert: Das Gemeinsame betonen und nicht das Trennende. Für US-Präsident Joe Biden - zu Hause angeschlagen und auf absolutem Popularitätstief - sind positiv besetzte Bilder in diesem Jahr besonders wichtig, bestätigt der Journalist und Geopolitiker Robert Kaplan. Zum Wahlkampfauftakt in den USA brauche Biden einen starken Auftritt in Neu-Delhi.
Schüler einer Kunstschule in Mumbai haben dieses hoffnungsvolle Plakat gemalt.
Ein schwieriger Spagat: Biden darf Gastgeber Narendra Modi nicht die Show stehlen, muss fürs heimische Publikum dennoch Amerikas Führungsanspruch unterstreichen. Im Idealfall durch handfeste Erfolge: Gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen den Klimawandel, und größtmögliche Verurteilung von Russlands Angriffskrieg - das wären in den Augen Kaplans tatsächliche Fortschritte.
"Sinnvoller Schuldenerlass"
Dafür wird Biden Geld in die Hand nehmen müssen: um Klima-Initiativen in ärmeren Ländern zu finanzieren und das quälende Schuldenthema anzugehen.
Bidens oberster Sicherheitsberater Jake Sullivan lässt an der guten Absicht seines Chefs keine Zweifel: "Sinnvoller Schuldenerlass nach Jahren der extremen Belastung", so drückt es das Weiße Haus aus.
Ängste vor US-Protektionismus
Biden ist dabei bewusst, wie sehr sich seine Wählerschaft wegen Globalisierung, Arbeitsplatzverlagerung in Billiglohnländer und abwandernden produzierenden Gewerbes sorgt. Diese heimischen Ängste muss Biden ausbalancieren mit den Befürchtungen der G20, Amerika könne zum Protektionismus der Trump-Jahre zurückkehren.
Wenn Biden die Interessen amerikanischer Arbeitnehmer nur wahren könne, indem er den Fluss der internationalen Wirtschaftszusammenarbeit behindere, dann steht er vor einem schwierigen Spannungsfeld, meint Sozialwissenschaftler Martin. Das Format G20 findet er in diesem Zusammenhang alternativlos: Schließlich gebe es weltweit kein anderes Forum dieser Art.