Nach Wahl von Lukaschenko EU bereitet Sanktionen gegen Belarus vor
Die EU-Außenminister haben sich für Sanktionen gegen Belarus ausgesprochen. Grund dafür sei die Polizeigewalt gegen Gegner von Staatschef Lukaschenko. Und: Die EU will den Sieg von Lukaschenko bei der Präsidentenwahl nicht akzeptieren.
Die EU bringt wegen der Polizeigewalt in Belarus neue Sanktionen gegen Unterstützer von Staatschef Alexander Lukaschenko auf den Weg. "Alle waren sich einig, das Verfahren für neue Sanktionen in Gang zu setzen", sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nach einer Videokonferenz.
Nun soll zunächst eine Liste mit Personen erstellt werden, die für Sanktionen in Fragen kommen - unter ihnen diejenigen, die für eine Fälschung der Präsidentenwahl verantwortlich gemacht werden. Die Gemeinschaft akzeptiere das Ergebnis der umstrittenen Präsidentenwahl am Wochenende nicht, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.
Maas: "Druck deutlich erhöhen"
Man wolle als Europäische Union den Druck auf Belarus deutlich erhöhen, hatte Bundesaußenminister Heiko Maas bereits zum Auftakt der Beratungen erklärt. Es gehe darum, ganz gezielt einzelne Personen zu sanktionieren, die in den vergangenen Tagen und Wochen bei Wahlfälschungen, aber auch bei der Gewalt gegen Demonstranten unrühmlich in Erscheinung getreten seien.
Opposition skeptisch gegenüber Sanktionen
Ob auch Lukaschenko persönlich mit Sanktionen rechnen muss, blieb zunächst offen. Die Entscheidung über den betroffenen Personenkreis werde der Rat treffen, sagte Maas. Den Personen müssten "nachweisbar Verfehlungen zur Last gelegt werden können". Wichtig sei, dass es zu einem Dialog komme, das Wahlergebnis überprüft werde und alle Festgenommenen wieder freikämen.
Vonseiten der Opposition in Belarus kamen kritische Töne in Bezug auf die möglichen EU-Sanktionen. Die Zeit sei noch nicht reif dafür, sagte Maria Kolesnikowa vom Wahlkampfstab der Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja im Interview mit der "Welt am Sonntag". Strafmaßnahmen gegen einzelne Regierungsvertreter und Politiker seien aus ihrer Sicht nicht sinnvoll. Und Wirtschaftssanktionen "würden sowieso vor allem die einfachen Menschen in Belarus treffen". Kolesnikowa äußerte die Sorge, dass die Strafmaßnahmen die Chancen der EU auf einen Dialog mit den Behörden von Belarus erschweren könnten.
Belarus lässt zwei EU-Abgeordnete nicht einreisen
Unterdessen wurde bekannt, dass Belarus zwei EU-Abgeordneten die Einreise verweigert. Einer von beiden sei der Vorsitzende der Belarus-Delegation des Parlaments, Robert Biedroń, teilte seine sozialdemokratische Fraktion am Abend mit. Dem Polen sei am späten Nachmittag bei der Ankunft am Minsker Flughafen gesagt worden, dass sein Name auf einer Liste des Innenministeriums stehe und es für ihn mit dem nächsten Flug zurückgehe. Der zweite Abgeordnete war den Angaben zufolge Petras Auštrevičius aus der liberalen Fraktion Renew Europe. Der Litauer habe seinen Flug nach Minsk gar nicht erst antreten dürfen.
EU wirft Lukaschenko Wahlmanipulation vor
Lukaschenko und seinen Unterstützern wird von der EU vorgeworfen, die Wahl am vergangenen Sonntag zu seinen Gunsten manipuliert zu haben und die Versammlungs-, Medien- und Meinungsfreiheit einzuschränken. Er soll nach offiziellen Angaben die Abstimmung mit mehr als 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben. Die Oppositionelle Tichanowskaja nimmt aber einen Sieg für sich in Anspruch.
Bei Protesten gab es in den vergangenen Tagen rund 7000 Festnahmen, die Sicherheitskräfte gingen brutal gegen Demonstranten vor. Ungeachtet der Freilassung von mehr als 2000 Gefangenen weiten sich die Proteste derzeit noch einmal aus.
Unklar ist noch, ob auch Lukaschenko selbst mit Sanktionen rechnen muss.
Zahlreiche Sanktionen wurden 2016 aufgehoben
Die EU hatte zuletzt im Februar 2016 trotz der Kritik von Menschenrechtlern zahlreiche Sanktionen gegen den Machtapparat von Lukaschenko auslaufen lassen. Lediglich ein bestehendes Waffenembargo sowie Strafmaßnahmen gegen vier Belarussen, die am Verschwinden von Regime-Gegnern beteiligt sein sollen, wurden zuletzt noch aufrechterhalten.
Für Lukaschenko, 169 Gefolgsleute sowie drei Unternehmen bedeutete die EU-Entscheidung damals, dass von ihnen vorhandene Vermögen in der EU nicht mehr gesperrt werden konnten. Zudem wurden für sie sämtliche Reise- und Geschäftsbeschränkungen aufgehoben. Als einen Grund für die Lockerung der Sanktionen nannte die EU damals die Freilassung politischer Gefangener sowie die gewaltfrei verlaufene Präsidentenwahl im Jahr 2015.