Milliardenhilfe und Visa-Erleichterungen EU bezirzt Balkanstaaten
Abschaffung des Visa-Zwangs und eine Finanzspritze in Milliardenhöhe: Die EU hat den Balkanländern eine schnelle Annäherung in Aussicht gestellt. Doch in Serbien schaltet man auf stur. Man wolle nur dann engere Beziehungen suchen, wenn Brüssel den Anspruch Belgrads auf das Kosovo anerkenne.
Von Peter Heilbrunner, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Neun Jahre nach dem Ende der letzten kriegerischen Auseinandersetzungen auf dem Balkan im Kosovo steht die Region erneut am Scheideweg - entscheiden sich alle Nachfolgestaaten Jugoslawiens für eine weitere Annäherung an Europa, oder wenden sie sich wie derzeit Serbien ab von der EU? Eine Frage, die auch die Gemüter in Brüssel bewegt. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn spricht denn auch von einem Jahr großer Herausforderungen für die Balkanländer: "Die Entscheidungen könnten schwerwiegende Konsequenzen haben für Stabilität und wirtschaftliches Wohlergehen in der Region."
Widerspenstiges Serbien
Einmal mehr versucht die EU, Serbien zu ermuntern, den Weg Richtung Europa einzuschlagen - keine andere Führung auf dem Balkan wurde derart von Brüssel bezirzt wie die in Belgrad. Doch kein anderes Land in der Region zeigte sich gleichzeitig so widerspenstig wie Serbien. Und das, obwohl vor wenigen Wochen der pro-westliche Präsident Boris Tadic die Präsidentschaftswahl abermals für sich entscheiden konnte.
"Ich registriere genau, dass eine große Mehrheit der Serben nach wie vor einen EU-Beitritt des Landes unterstützt", sagt Olli Rehn. "Da ist es doch eine realistische Erwartung, dass die serbische Regierung dieser schweigenden Mehrheit auch folgt."
Im Gegenzug stellt Brüssel den Serben visafreie Einreise in die EU in Aussicht. Belgrad allerdings hat das Angebot erst einmal barsch abgelehnt - aus Verärgerung darüber, dass die EU sich in der Kosovo-Frage auf die Seite der Albaner geschlagen hat und die meisten Mitgliedsstaaten die Unabhängigkeit der ehemaligen südserbischen Provinz anerkennen oder dies demnächst vorhaben.
Festhalten am Europa-Kurs
Erweiterungskommissar Olli Rehn zeigt sich vom Nein der Serben zu Reiseerleichterungen unbeeindruckt, er hält derartige Angebote für den richtigen Weg, um die Balkanstaaten auf Europa-Kurs zu halten oder zu bringen: "Wir werden demnächst für jedes Balkan-Land einen Fahrplan zur Abschaffung des Visa-Zwangs vorlegen. Wir werden die Anzahl von Plätzen für Austausch-Studenten verdoppeln und wir werden die EU-Förderprogramme für Forschung, Bildung und Kultur für die Balkanstaaten öffnen."
Milliardenhilfe für den Südosten
Vier Milliarden Euro will die Europäische Union bis 2010 in die Hand nehmen, um die Balkanländer bei politischen Reformen zu unterstützen und die wirtschaftliche Entwicklung von Europas Südosten voranzutreiben. Am Ende dieses Heranführungsprozesses an die EU wird für alle sieben Balkan-Staaten die Mitgliedschaft im Club der 27 stehen. In näherer Zukunft allerdings darf sich nur Kroatien wirklich Hoffnung darauf machen. Doch auch die Kroaten müssen sich noch mindestens zwei Jahre gedulden - trotz aller Fortschritte.