Deutsche Diplomatin zum Iran-Atomabkommen Frauen verhandeln besser
Beim Atomabkommen mit dem Iran steht derzeit im Mittelpunkt, wie US-Politiker darüber entscheiden. Aus dem Blick gerät dabei, dass es die EU war, die das Abkommen vermittelt hat. Wichtigen Anteil daran hatte eine deutsche Diplomatin.
Fotos zeigen: Bei den Gesprächen über das Atomabkommen mit dem Iran war Helga Schmid immer dabei, ob in Wien, Lausanne oder Genf. Am Verhandlungstisch saß sie stets am Kopfende, vor sich auf der einen Seite die Vertreter des Iran, ihnen gegenüber die Verhandlungsteilnehmer der sechs anderen Staaten: Frankreich, Großbritannien, Deutschland, USA, Russland und China.
Es waren die Außenminister, die das Abkommen am 14. Juli in Wien als historisch feierten. Und die deutsche Diplomatin Helga Schmid trug in einer Schlüsselposition dazu bei, dass das Abkommen nach mehr als zwölf Jahren Nuklearstreit zustande kam und eine militärische Eskalation verhindert werden konnte. Der Iran verpflichtet sich darin auf eine friedliche Nutzung seiner Atomkraft. Im Gegenzug werden schrittweise die Sanktionen gegen den Iran aufgehoben.
Schmid war Vermittlerin, leitete Plenarsitzungen und handelte schließlich mit ihrem Team das Abkommen mit fünf detaillierten Anhängen aus. "Mein Team und ich haben jedes Wort auf diesen 110 Seiten ausgehandelt", beschreibt die Diplomatin im Interview mit tagesschau.de ihre Arbeit.
Die Aufgabe übertragen bekommen hatte sie in ihrer Funktion als Vizegeneralsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes, also als rechte Hand der EU-Außenbeauftragten. Das war zunächst Catherine Ashton und seit 2014 die Italienerin Federica Mogherini.
Vermittlerin zwischen den USA und Iran
Denn die Moderatorenrolle bei diesen Verhandlungen hatte die EU. Nachdem 2002 der Verdacht aufgekommen war, dass der Iran den Bau einer Atombombe betreiben könnte, begannen Deutschland, Frankreich und Großbritannien Gespräche mit dem Iran.
2006 stießen die USA, Russland und China dazu, sodass alle permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschland beteiligt waren. Die USA führten zwischenzeitlich geheime Gespräche mit dem Iran. Doch verliefen diese ohne sichtbares Ergebnis.
Anfangs habe es viel Misstrauen gegeben, vor allem im Verhältnis zwischen dem Iran und den USA, sagt Schmid. Aber die EU sei von allen Seiten akzeptiert worden. "Ich glaube, es hätte niemand anderes machen können." So war Schmid mit Ashton und später Mogherini auch bei den meisten bilateralen Treffen dabei: "Wir haben es ermöglicht, dass sich die Amerikaner und die Iraner annähern konnten."
Strikte Kontroll- und Sanktionsmechanismen
Schmid gelang es über die Jahre, bei den anfangs sehr formal verlaufenden Treffen mit den Iranern Vertrauen aufzubauen. Mehrmals standen die Gespräche vor dem Scheitern.
Doch war das Interesse der Verhandlungspartner groß, die Sanktionen aufzuheben und den Iran mit seinen Gas- und Ölvorkommen wieder am Weltmarkt teilhaben zu lassen. Und auch wenn es nicht Gegenstand der Verhandlungen war, so förderte die angespannte Lage in der Region den Willen, eine Lösung mit dem Iran zu finden.
Ein wesentlicher Grund für den Erfolg der Verhandlungen war allerdings die Einigung auf strikte Kontroll- und Sanktionsmechanismen. So wird nicht nur jeder Schritt der Iraner im Umgang mit dem Atomprogramm durch die Internationale Energiebehörde IAEA kontrolliert. Es gibt auch die Möglichkeit des "Snapback": Verletzt der Iran vereinbarte Regeln, dann können bereits aufgehobene Sanktionen nach einem detaillierten Plan wieder in Kraft gesetzt werden.
Zudem wurde vereinbart, Streitfälle zunächst im bisherigen Verhandlungsformat zu besprechen. Wenn dort keine Lösung gefunden wird, soll der UN-Sicherheitsrat eine Entscheidung treffen.
Verhandlungen - manchmal wie ein Schachspiel
Eine weitere Besonderheit kommt hinzu: Zentrale Rollen bei diesen Verhandlungen spielten Diplomatinnen. Das war neben Schmid, Ashton und Mogherini auch die US-Vertreterin Wendy Sherman. Die Staatssekretärin im US-Außenministerium war auch schon an den US-Verhandlungen mit Nordkorea über dessen Atomprogramm beteiligt.
"In den konkreten Textverhandlungen waren die Iraner immer mit Frauen konfrontiert. Das hat sehr gut geklappt", sagt Schmid. Zwar gaben die iranischen Vertreter um den Vizeaußenminister Abbas Araghchi den Diplomatinnen nie die Hand. Sie zeigten aber nicht weniger Respekt.
"Frauen haben in Verhandlungssituationen vielleicht die Gabe, sich etwas besser in die Lage des jeweils anderen hinein zu versetzen. Das ist wichtig, um den nächsten Schritt abzuschätzen, denn Verhandlungen sind ja manchmal wie ein Schachspiel", erklärt Schmid.
Wichtig sei Respekt für die kulturellen Eigenarten und Traditionen. Die Iraner seien sehr geschichtsbewusst. Dies sei immer wieder auch Gegenstand der Gespräche gewesen, berichtet die erfahrene Diplomatin, die während ihrer diplomatischen Laufbahn auch für die deutschen Außenminister Klaus Kinkel und Joschka Fischer gearbeitet hat.
"Es geht darum zu verstehen, wo der andere herkommt. Das bedeutet nicht, dass ich keine harte und zielbewusste Verhandlerin bin. Das bin ich sicherlich", fügt die 54-Jährige hinzu.
Das Vertrauen nutzen
Schmid ist trotz aller Diskussionen und Skepsis optimistisch, dass das Abkommen hält. Schließlich habe sich der Iran auch an das im November 2013 geschlossene Interimsabkommen gehalten, bei dem als Zwischenstufe ein zeitlich begrenztes Einfrieren des iranischen Atomprogramms beschlossen worden war.