Das Dorf Susya im Süden des besetzten Westjordanlandes, nahe der Stadt Hebron

Siedlungen im Westjordanland Israel will Annexionen nach Trump-Wahl vorantreiben

Stand: 12.11.2024 14:14 Uhr

Schon vor Jahren wollte Israel Teile des Westjordanlandes annektieren. Die Annäherung an arabische Länder verhinderte das. Nach dem Wahlsieg von Trump kommen die Pläne jetzt wieder auf den Tisch.

Premierminister Benjamin Netanyahu soll sich in den vergangenen Tagen dafür ausgesprochen haben, dass Israel nach dem Amtsantritt von Donald Trump das Thema der möglichen Annexion von israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland auf die Agenda setzen sollte. Das berichtet der öffentlich-rechtliche Radiosender KAN unter Berufung auf Regierungskreise.

Die Vorbereitungen seien bereits im Jahr 2020 mit US-Offiziellen der damaligen Trump-Administration abgeschlossen worden. Die Pläne seien jedoch mit Blick auf den Abschluss des sogenannten Abraham-Abkommens beiseitegelegt worden. Es war unter der Ägide von Trump zustande gekommen. Damals hatte Israel diplomatische Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain aufgenommen.

"Jetzt ist die Zeit dafür gekommen"

Netanyahus rechtsextremer Finanzminister Bezahel Smotrich hatte am Montag vor Mitgliedern seiner Parlamentsfraktion erklärt, dass mit dem Sieg Trumps nun der Weg frei sein könnte für die Annexion der israelischen Siedlungen: "Wir standen so kurz davor, Souveränität über die Siedlungen in Judäa und Samaria anzuwenden. Jetzt ist die Zeit dafür gekommen." Konkret nannte er das kommende Jahr.

Smotrich hat laut eigener Aussage das Siedlungsdirektorat und die Zivilverwaltung im Verteidigungsministerium bereits damit beauftragt, "umfangreiche und professionelle Stabsarbeit einzuleiten und die notwendige Infrastruktur zur Anwendung der Souveränität vorzubereiten".

Außenminister spricht von "umstrittenen Gebieten"

Israels neuer Außenminister Gideon Saar bemühte sich anschließend, die hohen diplomatischen Wellen, die Smotrichs Aussagen ausgelöst hatten, zu besänftigen. Vor Mitgliedern der Auslandspresse sagte Saar, dass es um "umstrittene Gebiete" gehe, "wenn wir einen Anspruch auf bestimmte Gebiete haben, vor allem auf die, in denen unsere Bürger leben". Das sei schon in der Vergangenheit die Position gewesen und daran habe sich "im Grunde nichts geändert".

Karte: Israel und Palästinensergebiete

Deutschlands Botschafter kritisiert die Pläne

Deutschlands Botschafter in Israel, Steffen Seibert, erklärte auf dem Kurznachrichtendienst X, die Forderung von Minister Smotrich, die "Souveränität über das Westjordanland" anzuwenden, sei ein "offener Aufruf zur Annexion". Jede Vorbereitung, um dieses Ziel umzusetzen, sei ein "völliger Bruch mit internationalem Recht". Seibert fügte hinzu:

Wir verurteilen diese Ankündigung, die die Stabilität der gesamten Region bedroht, aufs Schärfste.

"Wunderbare Gelegenheit" durch Trumps Rückkehr

Finanzminister Smotrich hatte an die 2020 zur Seite gelegten Pläne angeknüpft. Sie sehen vor, die israelischen Siedlungsblöcke und damit rund 30 Prozent der Fläche des seit 1967 besetzten Westjordanlands zu annektieren.

Der rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, sagte Montagabend im Fernsehsender Channel 14, die Wahl Trumps sei "eine wirklich wunderbare Gelegenheit", die Pläne umsetzen.

Jan-Christoph Kitzler, ARD Tel Aviv, tagesschau, 28.06.2024 09:48 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. November 2024 um 14:18 Uhr.