Konflikte mit Siedlern Wie deutsche Hilfsgelder im Westjordanland versickern
Im Westjordanland sind mit Millionen an deutschen Hilfsgeldern aufwändige Wasserprojekte begonnen worden. Vor Ort beklagt man jedoch, dass sie wegen Interventionen jüdischer Siedler nicht abgeschlossen werden können.
Mitten im besetzten Westjordanland, nahe der Kleinstadt Salfit, könnte Entwicklungshilfe aus Deutschland eigentlich Gutes bewirken. Abdul Karim Az-Zubeidi, der Bürgermeister von Salfit steht an einem Ausfluss: Von hinten kommt sichtbar klares Wasser - aber von rechts fließt eine dunkle Brühe dazu. "Das von hinten ist unser sauberes Wasser", sagt der Bürgermeister - und will den Unterschied zeigen.
Das in Salfit gereinigte Wasser wird durch die Abwässer der Siedler kontaminiert.
Hinter ihm steht eine von Deutschland finanzierte Kläranlage - ein Gebäudekomplex mit einer langen Geschichte. Schon vor 30 Jahren wurden die Gelder bewilligt, heißt es von deutscher Seite. Dann gab es ein langes Ringen mit israelischen Stellen um die Baugenehmigung. Seit etwas mehr als zwei Jahren ist die Anlage in Betrieb. Deutschland hat dafür mehr als 19 Millionen Euro gezahlt.
Geklärtes Wasser wieder verschmutzt
Die Anlage produziert auch sauberes Wasser - nur kommen dort, wo es die Kläranlage verlässt, große Mengen ungeklärten Wassers hinzu. Bürgermeister Az-Zubeidi weiß auch, woher: "Ariel hat 40.000 Siedler, und sie lassen Ihr Abwasser in unsere Täler ab. Das müssen sie lösen. Wir danken Deutschland für das Projekt, das uns hilft, unser Abwasser zu reinigen und etwas für die Umwelt zu tun. Aber es gibt 40.000 Siedler mit diesem Problem."
Bürgermeister Az-Zubeidi hofft auf eine Lösung für das Abwasserproblem.
Ariel ist eine der größten israelischen Siedlungen im Westjordanland: Hier gibt es eine Universität und ein Industriegebiet - und offenbar viel ungeklärtes Abwasser, das die deutschen Bemühungen um Entwicklungshilfe zumindest zum Teil zunichte macht.
Siedler blockiert Leitungssystem
Eine andere Kläranlage, ein anderes Problem: Auch im Westen der Stadt Nablus wurde mit deutscher Hilfe gebaut. Deutschland hat insgesamt zwölf Millionen Euro gezahlt und auf den ersten Blick funktioniert die Anlage auch: Die palästinensischen Ingenieure, die hier arbeiten, sind stolz darauf, dass sie jeden Tag Tausende Kubikmeter Wasser reinigen, sogar Strom aus Biogas erzeugen sie hier.
Die Idee: Wasser aus der Kläranlage wird hier hochgepumpt - und dann über ein Leitungssystem und mit Hilfe der Schwerkraft auf die Felder der palästinensischen Bauern im Tal verteilt.
Doch das große Wasserreservoir, das Deutschland finanziert hat, ist leer, sagt der Ingenieur Mohamed Humeidan: "Wir haben den Großteil des Projekts zur Wiederverwendung des Wassers umgesetzt. Aber wir haben ein kleines Problem mit dem Siedler, der in dem Gebiet für dieses Projekt sitzt."
Installation kann nicht abgeschlossen werden
In der Ferne sieht man die Kläranlage - und etwas näher auch den Ort, an dem sich ein israelischer Siedler immer mehr ausbreitet. Yazan Odeh, ein Fachmann für Landwirtschaft, erklärt: "Im letzten Jahr ist der Siedler gekommen und er ist geblieben. Das Land gehört aber dem Bauern von unserem Projekt. Aber wir können das Wasser nicht in das Reservoir pumpen. Denn wir müssen erst ein Ablassventil installieren. Aber das ist neben dem Siedler - und keine Firma kommt da hin, um das einzubauen."
Landwirtschaftsexperte Odeh beklagt, dass das deutsche Projekt wegen des Problems mit einem Siedler nicht abgeschlossen werden kann.
Weil es immer wieder Fälle von Gewalt gibt, trauen sich Palästinenser nicht in die Nähe des Siedlers. Und obwohl er das Land auch nach israelischem Recht illegal besetzt hält, tun die israelischen Behörden bisher nichts, um ihn von dort zu vertreiben.
So versickern auch hier deutsche Hilfsgelder - die eigentlich dafür sorgen sollen, dass sich die Lebensbedingungen von Palästinensern im Westjordanland verbessern.