Wahl auf den Philippinen Marcos Jr. steuert auf Sieg zu
Auf den Philippinen hat der Sohn des früheren Diktators Marcos vorläufigen Zahlen zufolge die Präsidentenwahl gewonnen. Distanziert hat er sich von seinem Vater nie - Experten befürchten, dass er das Land noch autoritärer machen will.
Auf den Philippinen steht die Familie des früheren Diktators Ferdinand Marcos vor einem Comeback. Der Sohn des 1986 aus dem Land vertriebenen Diktatoren-Ehepaars, Ferdinand Marcos Jr., genannt "Bongbong", dürfte die Wahl wohl gewonnen haben - das legen vorläufige Zahlen nahe, wie mehrere Nachrichtenagenturen berichten.
Nach inoffiziellen Ergebnissen von Dienstag bekam Ferdinand "Bongbong" Marcos Jr. nach Auszählung von 96,55 Prozent der abgegebenen Stimmen mehr als doppelt so viele Stimmen wie seine schärfste Konkurrentin, die Oppositionsführerin Leni Robredo. An dritter Stelle lag weit abgeschlagen der frühere Box-Weltmeister Manny Pacquiao.
Damit wird die Marcos-Dynastie 36 Jahre nach ihrer Vertreibung aus dem Inselstaat aller Wahrscheinlichkeit nach in den Malacañang-Palast in der Hauptstadt Manila zurückkehren. Offizielle Ergebnisse kann aber nur der Kongress (bestehend aus Senat und Abgeordnetenhaus) verkünden. Dies wird erst für Ende Mai erwartet.
Rund 67 Millionen Bürger waren am Montag zur Wahl eines Nachfolgers für den scheidenden Präsidenten Rodrigo Duterte aufgerufen. Überschattet wurde die Wahl von einem Anschlag auf ein Wahllokal.
Duterte-Tochter als Vizepräsidentin
An der Seite von Marcos Jr. kandidierte als Vizepräsidentin Sara Duterte, die Tochter des derzeitigen Präsidenten Rodrigo Duterte. Er durfte nach sechs Jahren im Amt nicht mehr antreten. Auch seine Regierungszeit war wie die von Ex-Diktator Marcos durch Menschenrechtsverletzungen geprägt: Bekannt und international kritisiert wurde er vor allem für seinen "Krieg gegen die Drogen", den er gnadenlos durchsetzte und der Tausende Tote kostete. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ermittelt gegen ihn.
Marcos Jr. verklärt die Diktatur
1986 hatten die Philippinerinnen und Philippiner Ferdinand Marcos und seine Ehefrau Imelda aus dem Land getrieben, sie flohen nach Hawaii. Im Präsidentenpalast waren danach Hunderte Handtaschen und Abendroben sowie Tausende Paar Schuhe gefunden worden, Relikte von mehr als zwei Jahrzehnten Jetset-Leben. Marcos Seniors Regierungszeit war von Mord, Folter, Kleptokratie und dem spurlosen Verschwinden politischer Gegner geprägt.
Sie unterdrückten ihr Volk, verfolgten Oppositionelle und häuften immensen Reichtum an: Ferdinand Marcos und seine Frau Imelda (hier im Jahr 1986). Mit dabei: Sohn Ferdinand Junior (rechts).
Distanziert hat sich Sohn "Bongbong" davon nicht, er zeichnete ein verklärendes Bild von einem "goldenen Zeitalter", das er zurückbringen wolle. Erst kürzlich bezeichnete er seinen Vater als "Staatsmann, ein politisches Genie". Der eigentliche politische Star in der Familie sei aber Mutter Imelda, die die Herzen aller gewinnen könne, "von den Marktverkäufern bis hin zur Königin von England".
Viele junge Wähler, ohne Erinnerung an die Diktatur
Aries Arugay, Professor für Politikwissenschaft an der Universität der Philippinen, fürchtet dagegen ein weiteres Erstarken des Autoritarismus: Marcos Jr. "will das Land weiter weg von der liberalen Demokratie führen, es populistischer und autoritärer machen, das ist glasklar", sagte er.
Eine mögliche Erklärung, warum dennoch so viele Wählerinnen und Wähler für Marcos Jr. stimmten: Sehr viele sind noch sehr jung und haben keine Erinnerung an die Jahre der Diktatur. Der Kandidat führte zudem einen erfolgreichen Social-Media-Wahlkampf auf TikTok und Youtube und ging Interviews sowie öffentlichen Debatten aus dem Weg.