Philippinen vor der Wahl Rückfall in eine blutige Vergangenheit?
Marcos - auf den Philippinen ist der Name verbunden mit der Erinnerung an Jahrzehnte Gewaltherrschaft. 36 Jahre nach dem Sturz will Marcos Junior Präsident werden. Seinen Vater hält er für ein "Genie".
Drückende Hitze liegt auf Manila. Boni Ilagan schreitet bedächtig an den Gedenktafeln vorbei, bis der Name seiner Schwester Rizalina auftaucht. Sie war erst Anfang 20, als die Schergen des Marcos-Regimes sie gefangennahmen. Danach wurde sie nie wieder gesehen.
Auch ihr Bruder Boni wurde ins Gefängnis geworfen und gefoltert. Doch er hatte das Glück, freizukommen und als Autor und Theaterregisseur am Sturz der Diktatur im Jahr 1986 mitzuwirken.
Ferdinand Marcos und seine Frau Imelda flohen außer Landes, nachdem sie sich in zwei Jahrzehnten an der Staatsspitze hemmungslos bereichert hatten.
36 Jahre später schaut Ilagan voller Ungewissheit in die Zukunft. Sollen der Kampf und die jahrelange Erinnerungsarbeit vergebens sein? "Die Mehrheit der Wähler von heute habe die Revolution nicht miterlebt", erklärt er. "Sie bemerken nicht, wie die Geschichte verzerrt wird."
Sie unterdrückten ihr Volk, verfolgten Oppositionelle und häuften immensen Reichtum an: Ferdinand Marcos und seine Frau Imelda (hier im Jahr 1986). Mit dabei: Sohn Ferdinand Junior (rechts).
Die Umfragen sprechen für den Junior
Erstmals seit dem Umsturz greift wieder ein Marcos nach dem höchsten Staatsamt der Philippinen. Glaubt man den Umfragen, dann stehen die Chancen für Marcos junior gut. Zuletzt wurden 56 Prozent Zustimmung für ihn gemessen.
Er führt mit großem Abstand vor der liberalen Kandidatin Leni Robredo, die auf 24 Prozent kommt. Die Glaubwürdigkeit dieses Trends ist auf den Philippinen allerdings umstritten, da Wahlumfragen schon öfter falsch gelegen haben.
Social Media statt kritische Medien
Doch zweifellos führt "Bongbong" Marcos - wie er meistens genannt wird - einen Wahlkampf, der vor allem bei den Ärmeren und weniger Gebildeten verfangen kann. Er stützt sich dabei auf die Social Media, die Informationsquelle Nummer 1 auf den Philippinen - weil sie immer und überall kostenlos verfügbar sind.
Marcos meidet klassische Medien, ersparte sich manche Diskussionsrunde und stellt sich nur selten den Fragen unabhängiger Journalisten.
Als der lokale Ableger von CNN ihn im April doch noch zum Interview begrüßen durfte, nutzte Marcos die Gelegenheit für seine Zwecke. Er lobte seine Mutter Imelda als "erstklassige Politikerin" und nannte seinen Vater, auf dessen Konto Tausende politische Morde gehen, ein "politisches Genie".
"Reinwaschung des Namens Marcos"
Der Menschenrechtsexperte Carlos Conde von der Organisation "Human Rights Watch" erkennt in solchen Äußerungen die vorrangige Zielsetzung des Präsidentschaftskandidaten Marcos: Die Menschenrechtsverletzungen aus der Zeit seines Vaters vergessen zu machen. Es gehe um "die Reinwaschung des Namens Marcos".
Dass Marcos sogar Troll-Fabriken finanzieren soll, um das Publikum via Social Media für sich zu gewinnen, streitet der Kandidat vehement ab. Es fällt jedoch auf, dass zahlreiche Accounts zu seinen Gunsten Fehlinformationen verbreiten und seine Konkurrentin Robredo zu diskreditieren versuchen.
Kann sie eine Rückkehr des Marcos-Clans verhindern? Leni Robredo hat Erfahrung mit Wahlkämpfen gegen die Ferdinand Junior.
Wiederauflage eines Duells
Dabei hat sich gerade Robredo in den vergangenen Jahren durch ihre politische Arbeit Respekt erworben. Sie gewann 2016 sogar die Vizepräsidentschaft, auf den Philippinen ein eigenständiges Amt, wenn auch ohne politische Macht. Damals besiegte sie schon einmal den Mitbewerber Ferdinand Marcos junior.
Auf öffentlichen Wahlveranstaltungen schafft es Robredo, deutlich mehr Anhänger zu versammeln als Marcos. Daher ist auf den Philippinen in diesen Tagen häufig ein Satz zu hören: Die beste Umfrage ist die Wahl - am Montag, den 9. Mai.