Nach Vorwürfen gegen Hilfswerk Französische Ex-Ministerin leitet UNRWA-Kommission
Bis Januar war sie Außenministerin Frankreichs. Nun soll Catherine Colonna für die Vereinten Nationen die Kontrollmechanismen des Palästinenserhilfswerks UNRWA untersuchen. Anlass sind Terrorvorwürfe gegen mehrere Mitarbeiter.
Nach Vorwürfen gegen das Palästinenserhilfswerk UNRWA in Zusammenhang mit den Terrorangriffen der militant-islamistischen Hamas hat UN-Generalsekretär António Guterres eine unabhängige Untersuchungsgruppe eingesetzt. Das teilten die Vereinten Nationen in New York mit. Geleitet werden soll die Expertengruppe von der früheren französischen Außenministerin Catherine Colonna.
Ihr Gremium soll überprüfen, ob das UNRWA über die nötigen internen Kontrollmechanismen verfügt, um Neutralität zu gewährleisten und auf Hinweise zu reagieren, dass Grundsätze der Vereinten Nationen möglicherweise verletzt wurden. Es soll auch feststellen, ob diese Mechanismen im vorliegenden Fall versagten und was in Zukunft verbessert werden müsste. Colonna wirkte von 2020 bis 2023 an einer Nahost-Friedensinitiative gemeinsam mit Deutschland, Jordanien und Ägypten - dem sogenannten Kleeblatt-Format - mit.
Israel wirft dem UNRWA vor, einige seiner Mitarbeiter seien an dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen. Damals wurden rund 1.200 Israelis getötet und mehr als 200 Geiseln genommen. Mehrere Staaten, auch Deutschland, hatten nach israelischen Berichten über eine Beteiligung von zwölf der mehr als 13.000 UNRWA-Mitarbeiter an dem großangelegten Terrorangriff der militant-islamistischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober ihre Zahlungen an das Hilfswerk ausgesetzt.
Sonderzahlung Spaniens
Spanien hingegen kündigte an, das zuletzt in die Kritik geratene UN-Hilfswerk mit einer Sonderzahlung in Höhe von 3,5 Millionen Euro zu unterstützen. Damit solle sichergestellt werden, dass diese "unverzichtbare Organisation" ihre Aktivitäten kurzfristig aufrechterhalten könne, sagte Außenminister José Manuel Albares vor dem Ausschuss für internationale Kooperation im Unterhaus in Madrid. Er habe UNRWA-Chef Philippe Lazzarini bereits Freitag darüber informiert.
Die Lage im Gazastreifen sei "verzweifelt", sagte Albares. Das UNRWA hatte vor wenigen Tagen gewarnt, man werde die gesamte Arbeit womöglich schon in vier Wochen einstellen müssen, wenn zugesagte Gelder nicht bezahlt würden. Mehrere Staaten, zu denen die größten Geber USA und Deutschland gehören, setzten insgesamt mehr als 400 Millionen Euro an Zahlungen aus.
"Temporär keine neuen Mittel" aus Deutschland
Deutschland - als zweitgrößter Geber nach den USA - teilte vergangene Woche mit, man werde bis zum Ende der Aufklärung "temporär keine neuen Mittel für UNRWA in Gaza bewilligen". Allerdings stünden derzeit ohnehin keine neuen Zusagen an, hieß es in einer Mitteilung des Auswärtigen Amts und des Bundesministeriums für Entwicklung.
UN-Sachverständige hatten den Finanzierungsstopp mehrerer Staaten kritisiert und vor katastrophalen Folgen gewarnt. Die Ankündigungen kämen zu einem "existenziellen Zeitpunkt für mehr als zwei Millionen Palästinenser im Gazastreifen" erklärten 32 Sonderberichterstatter und Experten am Freitag in Genf.
Colonnas Arbeitsgruppe soll bis Ende April fertig sein
Colonnas Arbeitsgruppe wird laut laut der Mitteilung von drei Forschungseinrichtungen unterstützt: dem Raoul-Wallenberg-Institut in Schweden, dem norwegischen Christian-Michelsen-Institut und dem Dänischen Institut für Menschenrechte. Die Arbeiten beginnen am 14. Februar. Bis Ende März erwartet der UN-Generalsekretär einen Zwischenbericht und Ende April einen Abschlussbericht. Dieser soll veröffentlicht werden.
Parallel zu der externen Untersuchung geht derzeit eine UN-interne Aufsichtsbehörde dem Verdacht nach, zwölf UNRWA-Mitarbeiter seien an den Angriffen der Hamas vom 7. Oktober beteiligt gewesen. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini hatte nach Bekanntwerden entsprechender Hinweise von israelischer Seite um Aufklärung gebeten. Kommenden Montag wird er bei einem Treffen der EU-Entwicklungsminister in Brüssel erwartet.
Die EU, drittgrößter Geldgeber für UNRWA, kündigte vergangenen Donnerstag ebenfalls eine Begutachtung durch unabhängige externe Fachleute an. Die nächste Zahlung steht Ende Februar an. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte am Wochenende, es gebe "keinen Ersatz für UNRWA".