Saudi-arabischer Blogger Badawi nach zehn Jahren Haft freigelassen
Weil er die strenge Auslegung des Islams in Saudi-Arabien kritisierte, wurde der Blogger Raif Badawi 2014 zu zehn Jahren Haft verurteilt. Nun ist er wieder frei. Ob er allerdings auch ausreisen darf, ist noch unklar.
Nach zehn Jahren in Haft ist der saudi-arabische Blogger Raif Badawi freigelassen worden. "Raif hat mich angerufen. Er ist frei", sagte Badawis in Kanada lebende Ehefrau Ensaf Haidar der Nachrichtenagentur AFP. Ein saudi-arabischer Sicherheitsvertreter bestätigte die Freilassung.
Badawi war 2012 festgenommen und 2014 wegen "Beleidigung des Islams" zu zehn Jahren Haft, tausend Peitschenhieben und einer Million Rial Geldstrafe (heute rund 244.000 Euro) verurteilt worden. Seine Verurteilung hatte heftige internationale Proteste ausgelöst.
Badawis Frau flüchtete nach Kanada
Badawi hatte sich für das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Frauenrechte eingesetzt und wiederholt die Religionspolizei für ihre harte Durchsetzung der in Saudi-Arabien vorherrschenden strengen Auslegung des Islam kritisiert. Im Januar 2015 erhielt er die ersten 50 Peitschenhiebe seiner Strafe, danach wurden die ursprünglich wöchentlichen Termine zur Vollstreckung der Strafe wegen der internationalen Protestwelle ausgesetzt. Im selben Jahr zeichnete ihn das EU-Parlament mit dem Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit und Menschenrechte aus.
Badawis Frau Haidar war nach der Festnahme ihres Mannes nach Kanada geflohen. Sie lebt mit ihren drei Kindern in Sherbrooke in der Provinz Québec und hat die kanadische Staatsangehörigkeit angenommen. Von dort aus kämpfte sie unermüdlich für die Freilassung ihres Mannes - seit fast sieben Jahren hielt sie jeden Freitag eine öffentliche Mahnwache für ihn. Den Kontakt zu ihm hält sie mit regelmäßigen Telefonaten.
Auch Badawis Schwester Samar wurde 2018 verhaftet, nachdem sie mit anderen Aktivistinnen friedlich für mehr Freiheiten für Frauen in Saudi-Arabien demonstriert hatte. Sie kam 2021 frei.
Mindestens 3000 politische Gefangene in Saudi-Arabien
Die Provinz Québec hat den inzwischen 38-Jährigen auf eine Prioritätenliste für Einwanderer aus humanitären Gründen gesetzt. "Ich kann es kaum erwarten, meinen Vater zu sehen", sagte eine seiner Töchter, die inzwischen 18 Jahre alte Nawdscha, zu AFP. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International könnte Badawi aber auch nach seiner Entlassung mit einem zehnjährigen Ausreiseverbot belegt werden.
Über die Details zu den Bedingungen seiner Haftentlassung war zunächst nichts zu erfahren. Kanadas Regierungschef Justin Trudeau äußerte sich auf Twitter erleichtert über Badawis Freilassung. Seine Regierung arbeite nun daran, "Klarheit über die Bedingungen seiner Freilassung zu schaffen". Der frühere kanadische Justizminister Irwin Cotler, der als Badawis internationaler Rechtsbeistand tätig ist, äußerte die Hoffnung, dass "die saudischen Behörden mitfühlend seine Wiedervereinigung mit seiner Frau und seinen kleinen Kindern in Kanada ermöglichen werden".
Mindestens 3000 politische Inhaftierte sitzen in Saudi-Arabien nach Schätzungen von Amnesty International im Gefängnis. Die Stellvertreterin des Generalsekretärs der Organisation in Deutschland, Julia Duchrow, teilte mit: "Jeder einzelne Tag, den Raif Badawi hinter Gittern verbracht hat, zeigt, wie weit entfernt Saudi-Arabien von einem Rechtsstaat ist, der Menschenrechte respektiert und einhält."