Keine TV-Rechte Olympische Spiele nicht im russischen Fernsehen
Kein russischer TV-Kanal zeigt die Olympischen Spiele. Vergleichbares gab es zuletzt 1984 - auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Zu den 15 russischen Athleten, die in Paris starten, geht Russland offiziell auf Distanz.
In Russland waren die Fernsehübertragungen Olympischer Spiele immer ein Quotenrenner, aber das spielt jetzt anscheinend keine Rolle mehr. Nur 15 russische Athleten treten in Paris an - unter neutraler Flagge. Bedingung ist zudem, dass sie nicht Mitglied bei einem Armeeverein sind und nicht aktiv den Krieg in der Ukraine unterstützt haben. Immerhin ist Tennisstar Daniil Medwedew dabei.
Eine "Mannschaft ausländischer Agenten"
Doch das Nationale Olympische Komitee geht zu den eigenen Sportlern auf Distanz. Dessen Chef Stanislaw Posdnjakow sagte über die Tennisstars, sie spielten sowieso nur für sich und würden ihr Geld im Ausland verdienen. Sie kritisierten außerdem die "militärische Spezialoperation", wie der Ukraine-Krieg offiziell genannt wird. Man könne sie auch als "Mannschaft ausländischer Agenten" bezeichnen.
Der ehemalige Boxweltmeister Nikolaj Walujew, mittlerweile Abgeordneter der Duma, begrüßt es, dass die Olympischen Spiele in Russland nicht zu sehen sind: "Olympia im russischen Fernsehen nicht auszustrahlen, ist natürlich eine richtige Entscheidung. Die Spiele in Paris sind eine fremde Aktion. Es gibt keinen Schaden für unser Fernsehen und unseren Sport."
Ähnlich äußerten sich auch andere Abgeordnete, wie der Vorsitzende des Sport-Ausschusses der Duma, Dmitry Svischtschow. Es habe keinen Sinn, das IOC zu unterstützen, wenn es antirussische Positionen vertrete.
Russlands wachsende Distanz zu Olympia
Sportjournalist Dmitrij Nawoscha, ursprünglich aus Belarus und Gründer des Sportportals tribuna.com, glaubt, dass sich Russland immer mehr von den Olympischen Spielen verabschiedet.
In einem Interview mit dem in Russland verbotenen Sender Telekanal Doschd meinte Nawoscha: "Das geschieht, um den Westen zu ärgern. Und es ist sehr interessant zu sehen, was darauf folgen wird. Werden die Olympischen Ringe zu einem extremistischen Symbol erklärt, genau wie der Regenbogen oder andere bekannte Symbole? Werden einige Sportler, die Abgeordnete der Staatsduma werden wollen, ihre frühere Teilnahme an den Olympischen Spielen aus ihren Biografien streichen? Werden die 15 oder 16 russischen Athleten, die doch nach Paris wollen, demnächst verfolgt?"
Es sei aber auch eine Selbsttäuschung gewesen, zu glauben, dass Russland ein weltoffenes Land sei, meint Nawoscha, der selbst mittlerweile im Exil lebt.
"Schwer zu akzeptieren"
Der frühere russische Sportkommentator Alexander Schmurnow, der das Land kurz nach Kriegsausbruch verlassen hatte, ist enttäuscht und beunruhigt, dass die Olympischen Spiele nicht mehr im russischen Fernsehen übertragen werden. Beim YouTube-Kanal Schiwoj Gwosd sagte er: "Wir haben uns von allen Weltprozessen ausgeschlossen und wollen nichts mehr davon wissen. Nun, das ist vielleicht verständlich, aber es ist schwer zu akzeptieren."
Für ihn seien die Olympischen Spiele immer eine Art Indikator für die Temperatur der Menschheit gewesen, dafür wie schmerzhaft es sei oder umgekehrt, wie normal es zugehe, so Schmurnow weiter. "Eine gut verlaufende Olympiade bedeutete immer, dass wir gesund sind. Jetzt können wir nur noch davon träumen, die Menschheit als gesund zu bezeichnen."
Alternative Sportevents geplant
Russland plant unterdessen alternative Sportevents, bei denen sich russische Sportler mit Athleten anderer Länder messen können. So gibt es die Idee, im September in Moskau und Jekaterinburg die "Weltfreundschaftsspiele" stattfinden zu lassen. Athleten aus mindestens 70 Nationen wurden dazu eingeladen. Wie viele Zusagen es dazu gibt, ist bislang nicht bekannt.