Iranischer Präsident Raisi zu Gesprächen in Ankara
Der iranische Präsident Raisi wird zu Gesprächen in der Türkei erwartet - der dritte Anlauf eines Besuchs im Nachbarland. Zu besprechen gibt es neben dem Nahost-Krieg auch viele bilaterale Fragen.
Der ultrakonservative iranische Präsident Ebrahim Raisi wird heute zum ersten Besuch seit seiner Wahl im Sommer 2021 in der Türkei erwartet. Bei den bilateralen Gesprächen soll es unter anderem um gemeinsame Terrorbekämpfung gehen. Man erwarte noch mehr Engagement von Teheran, heißt es auf türkischer Seite. Im Fokus dürften hier die kurdische PKK beziehungsweise verbündete Gruppen auch im Iran stehen.
Die beiden Nachbarländer sind wichtige Akteure in der Region: Sie sitzen bei den Astana-Gesprächen zum Syrien-Konflikt zusammen mit Russland an einem Tisch. Allerdings verfolgen sie dort teils unterschiedliche Interessen. Zuletzt hatte der Iran bei einem Vergeltungsschlag offenbar ein Hauptquartier der Terrororganisation IS in der nordsyrischen Region um Idlib beschossen, wo auch die Türkei militärisch aktiv ist.
Außerdem wolle man bei dem Treffen über den Gaza-Krieg reden, hieß es vorab. Hier stehen beide auf der Seite der Palästinenser. Allerdings versuchte sich die Türkei zu Beginn des Konflikts im Gegensatz zum Iran als Vermittler zu positionieren, bevor der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu als "Schlächter von Gaza" und mit Nazivergleichen attackierte. Möglicherweise könnte das auch beim Besuch Raisis jetzt wieder eine Rolle spielen. Westliche Beobachter vermuten den Iran als Strippenzieher hinter dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel, bei den Angriffen der Hisbollah im Libanon oder auch der Huthi-Rebellen im Roten Meer.
Beziehungen vertiefen - vor allem wirtschaftlich
Türkische Diplomaten berichteten der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu, dass die Nachbarländer sich darauf verständigt haben, sich nicht in innerpolitische Angelegenheiten des jeweils anderen einzumischen. Tatsächlich hat sich Erdogan beispielsweise nicht zu den Protesten nach dem Tod der iranischen Studentin Jina Mahsa Amini nach einer Kopftuchkontrolle in Teheran geäußert. Kritiker vermuteten, er habe befürchtet, dass die Proteste auf die Türkei übergreifen könnten.
Nun wollten Raisi und Erdogan erörtern, wie man die Beziehungen weiter vertiefen kann, heißt es aus dem Präsidentenpalast in Ankara. Dabei spielen wirtschaftliche Themen eine große Rolle. Anadolu berichtet von mehreren Abkommen, die beide Seiten abschließen wollen: Es sei geplant, das Handelsvolumen, das nach den westlichen Sanktionen eingebrochen war, zu verfünffachen. Wichtiger Punkt ist die Energieversorgung.
Für die Türkei ist der Iran ein wichtiger Erdgaslieferant, was allerdings auch immer wieder zu Spannungen führt, weil Teheran nicht immer im gewünschten Umfang liefert.
Transportverbindungen zwischen den Ländern
Außerdem spielt der Tourismus eine große Rolle. Mehr als zwei Millionen Iraner zog es im vergangenen Jahr zum Urlaub in die Türkei. Sie können ohne Visum einreisen.
Allerdings gelangen auch viele Flüchtlinge über die rund 560 Kilometer lange gemeinsame Grenze. Die ist teils durch eine Mauer abgesichert. Laut Anadolu ist aber geplant, zwei weitere Grenzübergänge zu öffnen. Und bald sollen seit Beginn der Corona-Pandemie wieder die ersten Züge aus der türkischen Grenzstadt Van bis nach Teheran fahren. Turkish Airlines will Flugverbindungen in das Nachbarland ausbauen.
Der Westen dürfte das Treffen der beiden Präsidenten genau beobachten, nicht nur wegen eines möglichen Einflusses Erdogans auf Raisis Außenpolitik, sondern auch wegen der eigenen umfangreichen Sanktionen gegen den Iran, die auch die Wirtschaft betreffen.