UN-Friedensmission im Libanon Wie deutsche Soldaten zwischen die Fronten geraten
Der UN-Sicherheitsrat hat das Mandat der Friedensmission im Libanon bis August 2025 verlängert. Auch deutsche Soldaten sind im Süden des Landes stationiert - dort, wo der Krieg zwischen Hisbollah und Israel tobt.
Ortsmarke Libanon, man denkt an Krise und Krieg. In Jounieh, einem Vorort der Hauptstadt Beirut, ist davon nichts zu spüren. Hier befindet sich das "Naval Equipment and Training Centre", kurz NETC, wo deutsche Marineoffiziere libanesische Kollegen ausbilden.
Oberleutnant zur See Luca ist einer von ihnen. "Auf der einen Seite bin ich die rechte Hand des Leiters des NETC, aber auch als Ausbilder tätig", sagt er. Der 31-jährige Norddeutsche leitet technische Übungen auf den libanesischen Küstenradarstationen, die mit deutschem Geld modernisiert werden.
Seemännisches Handwerk
Und er lehrt seemännisches Handwerk, das die Libanesen brauchen: "Navigatorische Fähigkeiten, um eine grundlegende Teilnahme am Seeverkehr sicherzustellen. Aber auch alles, was so intern an Bord passiert." Schichtpläne, Brand- und Leckabwehr etwa. Und Auftragsspezifisches, wie er sagt. "Alles was zum Beispiel Search and Rescue angeht oder auch Maritime Interdiction Operationen", sagt Luca.
Seeraumüberwachung also. Denn die libanesische Marine soll ihre Küste und ihre Hoheitsgewässer irgendwann selbst kontrollieren und Waffenschmuggel unterbinden. Noch macht das der Marine-Anteil der UN-Friedensmission UNIFIL.
Soldaten haben im Libanon oft Nebenjobs
Doch die Libanesen seien auf gutem Weg, sagt Flottillenadmiral Richard Kesten. "Wenn ich zurückdenke an meine letzte Verwendung im Libanon und welche Fortschritte gemacht worden sind, dann wurden hier erhebliche Fortschritte nach vorn getan und gute Fortschritte erreicht."
Kesten verweist allerdings auch auf die nachteiligen sozio-ökonomischen Verhältnisse im Libanon. Die Soldaten des politisch und wirtschaftlich zerrütteten Landes können vom Sold kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten und haben oft Nebenjobs, um über die Runden zu kommen. Fraglich, wie nachhaltig das Training unter solchen Umständen sein kann.
Rund 100 Deutsche sind im Süden stationiert
Admiral Kesten ist Kommandeur der "Maritime Task Force" bei UNIFIL, 2012 war er schon einmal im UN-Einsatz im Libanon. Das Hauptquartier liegt im südlibanesischen Naqura, nahe dem Hauptschlachtfeld von Hisbollah-Miliz und israelischen Streitkräften.
Rund 60 deutsche Marinesoldaten sind dort im Rahmen der UN-Mission stationiert. Die militärische Konfrontation sei für sie sehr greifbar, sagte ihr Kommandeur dem ARD-Studio Beirut schon vor dem jüngsten großen Schlagabtausch: "Hier unten besonders im Hauptquartier, aber auch auf See durch die Kampfhandlungen, die man sehen, manchmal spüren kann. Durch den besonders starken Überflug durch Kampfflugzeuge und Drohnen", sagt Kesten.
Täglich Luftangriffe und Artilleriefeuer
Direktes Ziel der Kriegsparteien ist die UN-Truppe nicht. Seit die Hisbollah im Oktober einen Grenzkrieg gegen Israel begonnen hat, um die Hamas im Gazastreifen zu unterstützen, beobachten die deutschen UNIFIL-Soldaten im Südlibanon täglich Luftangriffe, Artilleriefeuer und Raketenabschüsse.
In der Vergangenheit seien auch Fragmente von Flugkörpern in das Lager gefallen, sagt Admiral Kesten. "Ansonsten sind es eher Schall und Druck, die einem eine körperliche Erfahrung der Nähe des Krieges geben." Dies sei, sagt Kesten trocken, eine gewisse Belastung.
Die Macht im Süden hat die Hisbollah
Aufgabe der UNIFIL ist es, die libanesischen Streitkräfte zu unterstützen. Doch die Macht im Süden hat die iranisch finanzierte Hisbollah. Unter den Augen der UN-Mission hat sie viele Stellungen errichtet. Deshalb wird die Truppe oft als sinnlos kritisiert.
Bei dem Großangriff am vergangenen Wochenende sei auch eine Rakete in der Nähe einer Blauhelm-Position abgefeuert worden. Später habe sich eine Explosion an einem anderen Posten ereignet, meldete UNIFIL.
Kampfhandlungen in direkter Nähe
Dass die Hisbollah gezielt Raketen in der Nähe des UNIFIL-Hauptquartiers platziere, um sich zu schützen, hatte Admiral Kesten zuvor weder Bejahen noch Verneinen wollen. "Allerdings finden Kampfhandlungen in direkter Nähe des Lagers statt, was zumindest darauf hindeutet, dass sich hier Hisbollah-Stellungen befinden und von hier aus Waffen auch abgeschossen werden."
Nach dem großen Schlagabtausch am vergangenen Wochenende zogen sich Hisbollah und Israel nun wieder ein Stück zurück. Doch der Konflikt ist damit nicht zu Ende - und die UN-Friedenstruppe, und damit die deutschen Soldaten der "Maritime Task Force", stehen weiterhin machtlos zwischen den Fronten.