Angeblich 150.000 Raketen Das Arsenal der Hisbollah
Ein neues Propaganda-Video zeigt angeblich das hochgerüstete Waffenarsenal der Terrorgruppe Hisbollah im Libanon. Aber wie umfangreich ist das Arsenal der Schiitenmiliz tatsächlich? Und agiert sie auch ohne den Iran?
Krieg wird auch psychologisch geführt, die Hisbollah kennt sich aus damit: In einem neuen Propagandavideo ist zu sehen, wie Kämpfer mit Motorrädern und Lastern durch ein weitverzweigtes Tunnelsystem fahren, offenbar aus Felsen geschlagen. Sie transportieren moderne Raketen, geben Koordinaten auf Laptops ein. Aus dem Off erklingt eine Rede von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, in der er Israel schon 2018 mit schweren Angriffen drohte. Jeden Winkel des Landes könne seine Miliz erreichen.
Wie aus der Werkstatt eines mittelmäßigen Computerspielentwicklers wirkt das Video, das die libanesische Schiitenmiliz gerade ins Netz gestellt hat. Doch selbst auf Libanesen ohne viel Sympathie für die Miliz macht es Eindruck: "Das lehrt die Juden das Fürchten! Trotz all ihrer Waffen leben sie doch in ständiger Angst davor, dass sie von Raketen getroffen werden", sagt ein junger Mann, der sich an der Promenade von Beirut grade zum Laufen bereit macht.
Die Hisbollah verfüge über mehr Waffen, Personal, Erfahrung und Willenskraft als je zuvor - und über die Koordinaten für Ziele in Israel, heißt es in dem Video. Zum Schluss öffnen sich Tore, ein Raketenwerfer wird gen Himmel gerichtet.
Auch ohne Teheran zur Konfrontation bereit
Diese Darbietung soll nahelegen, dass Hisbollah zur Konfrontation mit Israel bereit ist, selbst wenn die iranischen Verbündeten nicht direkt intervenieren, sagt Khalil Hamade, libanesischer General a.D.
Die Hisbollah hatte im Oktober einen Grenzkrieg mit Israel angezettelt, um die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen zu unterstützen. Der Schiitenmiliz wird der Angriff auf die Golanhöhen zur Last gelegt, bei dem Ende Juli zwölf junge Menschen starben. Seit Israel daraufhin einen hochrangigen Hisbollah-Kommandeur und dann mutmaßlich Hamas-Politchef Ismail Hanija in Teheran tötete, herrscht Angst vor einem großen Krieg in der Region.
Experte sieht Hisbollah gut vorbereitet
Doch könnte die Hisbollah ihn tatsächlich führen? General a.D. Hamade ist davon überzeugt. Die Miliz habe seit dem Krieg 2006, der bisher größten Auseinandersetzung der Terrororganisation mit Israel, weitläufige Tunnel- und Bunkeranlagen im Grenzgebiet zu Israel errichtet sowie ihr Waffenarsenal massiv ausgebaut. Israel habe diese Infrastruktur bisher nicht schwächen können: "Maßgeblich hat Hisbollah jetzt Zugang zu iranischen präzisionsgelenkten Raketen, auch wenn Teheran die Kontrolle darüber behält", sagt der ehemalige Militär.
Über 150.000 Raketen soll die Miliz verfügen. Hamade nennt iranische vom Typ Raad, Fadschr und Zelzal, aber auch russische Katjuscha- und Burkan-Raketen. Mit einer Flugabwehrrakete unbekannter Herkunft schoss die Miliz im Oktober erstmals eine israelische Drohne über dem Südlibanon ab. Die meisten Waffen stammen aus Russland und Nordkorea, Iran soll manche weiterentwickelt haben.
Schlüsselfigur Iran
"Der Import dieser Waffen in den Libanon ist relativ einfach", sagt Hamade - weil iranische Milizen wichtige Landrouten aus dem Iran durch Irak und Syrien hierher kontrollieren. Nicht nur das: Iran hat auch eine maßgebliche Rolle bei der Ausbildung von Hisbollah und anderen mit Teheran Verbündeten in der Region gespielt.
Ob, wann und in welchem Ausmaß die Hisbollah und der Iran einen Angriff auf Israel führen würden, ob koordiniert oder synchronisiert, etwa mit einem Raketenhagel, der selbst das Flugabwehrsystem "Iron Dome" überfordern würde - darüber gehen die Ansichten der Experten auseinander. Die Sorge vor einem regionalen Krieg bleibt.